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Auf den Spuren der Universitätsgeschichte

Von Marlene Arndt

Ausgabe 01 / 2016

Uni-Archivar Dr. Thorsten Unger

© Universität Osnabrück / Marlene Arndt

Uni-Archivar Dr. Thorsten Unger

"Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." Dieses Zitat des Philosophen George Santayana umschreibt die Notwendigkeit eines Archivs sehr treffend. Und Dr. Thorsten Unger betont: "Archive sind für die Ewigkeit". Der Historiker ist als Archivar der Universität und Hochschule Osnabrück für das Sichten und Aufbewahren wichtiger Dokumente zuständig. Ob aus rechtlichen Gründen, zu Forschungszwecken oder aus Anlass eines Jubiläums – irgendwann benötigt man diese eine bestimmte Akte.

Angenommen, man muss einem Amt in vielen Jahren den Beweis über seinen Abschluss an einer bereits geschlossenen Einrichtung vorlegen. Erleichtert kann sein, wer sie dank Unger wiederfindet. Doch was überhaupt ist würdig, bewahrt zu werden? Tag für Tag entstehen an einer Hochschule hunderte von Schriftstücken. An Unger ist es, darüber zu entscheiden, was davon seinen Weg in die Archivregale findet. Nach dem Entschluss über die Aufbewahrung werden die Unterlagen elektronisch erfasst und fachgerecht verpackt. Jeder, der Interesse hat, kann mit den zur Verfügung stehenden Unterlagen im Archiv arbeiten.

Ein neues spannendes Projekt von Unger ist die Idee eines Geschichtsblogs, mit dem eine Art "virtuelles Archiv" geschaffen werden soll. Zum Anlass nahm er das 60. Jubiläum des ersten Abschlussjahrgangs der Adolf-Reichwein-Hochschule. Die Pädagogische Hochschule ist die Vorgängereinrichtung der heutigen Universität Osnabrück und existierte bis 1973. Auf der Suche nach brauchbaren Unterlagen, fanden Unger, Prof. Dr. Georg Rückriem und Adolf Meyer, beide aus dem Abschlussjahrgang von 1954, nur noch alte Matrikelbücher und Ausgaben der damaligen Hochschulzeitschrift "Glashausblätter". Ansonsten ist nicht mehr viel aufbewahrt worden. Leider. Glücklicherweise haben daraufhin viele begeisterte ehemalige Absolventen private Informationen und Unterlagen geliefert und von ihrer Studienzeit an der Adolf-Reichwein-Hochschule berichtet. So konnten bis jetzt schon viele interessante Beiträge auf dem Blog veröffentlicht werden.

Das Reichwein-Blog wird von drei Säulen getragen. Zum einen geht es um Zeitzeugenberichte, in denen einstige Absolventen von ihren persönlichen Erfahrungen und Erlebnissen aus der Zeit an der Hochschule berichten. Eine zweite Säule bilden die noch vorhandenen Archivalischen Quellen. Unger zeigt ein altes, leicht ausgeblichenes kleines Heft: "Hier sind die Auslandsbeziehungen der Hochschule dokumentiert". Auch viele Fotos vom studentischen Leben und besonderen Erlebnissen wie Exkursionen werden auf dem Blog veröffentlicht. Man bekommt wertvolle Einblicke in die originalen Dokumente und fühlt sich in die Zeit der alten Lehreinrichtung zurückversetzt. Auch Vergleiche mit dem heutigen Alltag an Universitäten und Hochschulen sind eine spannende Angelegenheit. In einer dritten Kategorie geht es um geschichtliche oder wissenschaftliche Beiträge, die teilweise auch von Gastautoren verfasst werden. Betreut wird das Blog von einem festen Autorenteam, bestehend aus Unger, Meyer und Rückriem sowie einer studentischen Hilfskraft.

"Es ist noch sehr viel herauszufinden über eine fast vergessene Zeit", erklärt der Archivar. Momentan handelt es sich bei der Recherche und den Beiträgen nämlich noch um die Zeit der 1950er Jahre, vermehrt soll es aber immer wieder auch um die 60er und 70er Jahre gehen. Durch Kanäle wie Facebook oder Twitter und die Einbindung in das Blogportal hypotheses.org, das wissenschaftliche Blogs hostet, wird es mittlerweile auch außerhalb der Uni wahrgenommen. Ein nächster Schritt ist mit einer Kontaktaufnahme mit der Neuen Osnabrücker Zeitung aber schon in Planung, so dass möglichst viele Zeitzeugen von dem Geschichtsblog-Projekt erfahren. Schließlich soll das Blog im besten Fall eines Tages mal als eine Art Austausch- und Diskussionsforum dienen und so auch eine Grundlage für Lehrveranstaltungen an der Uni bilden. Zum 50-jährigen Jubiläum der Uni Osnabrück in zehn Jahren könnte man mit Hilfe der im Blog gesammelten Informationen auch die bisher nicht erforschte Vorgeschichte der Universität zu Papier bringen.