Thema des Monats Juni 2025: Didius Julianus gegen Septimius Severus - Duell um die Kaiserwürde im Juni 193

Ein Gemälde zeigt zwei Männer im Profil nebeneinander. Der linke Mann ist älter, hat graues Haar und einen Bart und trägt einen Lorbeerkranz. Der rechte Mann ist jünger, mit dunklem lockigem Haar und Bart. Beide tragen Gewänder.

Julius Caesar gegen Pompeius, Augustus/Octavian/Julius Caesar gegen Marc Anton und Kleopatra oder Hannibal, der gleich gegen ganz Rom kämpfte - große Namen, große Konfrontationen. Die Popkultur reduziert die Antike nur allzu gerne auf die allseits bekannten Namen und ihre ähnlich monumentalen Kontrahenten. Auch im Jahr 193 war die Bühne für die Kontrahenten ähnlich groß: Der Herausforderer Septimius Severus auf der einen, Didius Julianus - immerhin seit März 193 amtierender Kaiser - auf der anderen Seite. Doch dieses Duell war definitiv keine dieser monumentalen Auseinandersetzungen. Selten waren die Fronten in diesem antiken Politthriller, der sich in den ersten Tagen des Juni 193 abspielte, so eindeutig geklärt und die Siegchancen deutlicher verteilt.

Dazu eine kurze Vorgeschichte: Nachdem Kaiser Pertinax am 28. März von einem wütenden Mob der kaiserlichen Leibgarde - den sogenannten Prätorianern - getötet worden war, kam es zu einer einmaligen Situation: Die Kaiserwürde wurde am Stadtrand Roms versteigert. Den Auktionshammer schwangen die Prätorianer unter ihrem Präfekten Emilius Laetus selbst. Den Zuschlag erhielt schließlich Didius Julianus, der bis dahin als Senator mit einer beachtlichen Ämterlaufbahn Karriere gemacht hatte und nun unter enormem finanziellen Aufwand seinen Konkurrenten Sulpicianus Flavius ausstach. Der Autor und Politiker Cassius Dio spricht von einer Gesamtsumme von insgesamt 25.000 Sesterzen für jeden Prätorianer. Generell ist Cassius über den Umstand, die Kaiserwürde stünde zum Verkauf, nicht sonderlich erfreut. Als “schändlich” und “unwürdig für Rom” beschreibt er die Ereignisse. Trotzdem galt: Didius Julianus war jetzt Kaiser und damit de jure die mächtigste Person im Imperium Romanum. Kaum waren Monate der Ungewissheit und der Gewalt in Rom endlich wieder mit einer gewissen oberflächlichen Stabilität beantwortet, gerieten nun die Truppenkontingente in den Provinzen in Aufruhr. Drei hochrangige Politiker in den Provinzen wurden zu Kaisern ausgerufen. Die pannonischen Truppen hoben ihren Statthalter Septimius Severus am 9. April auf den Schild und starteten damit eine offene Revolte gegen Didius Julianus. In den darauffolgenden Wochen wusste Septimius bereits einen Großteil der Legionen an der Donau, am Rhein und die Heeresteile der Provinzen Afrika und Spanien hinter sich. Er entschloss sich, die Gelegenheit auszunutzen, und bewegte sich von nun an auf Rom zu. Mitsamt seinen Truppen überquerte er die Alpen. Der Senat konterte den offensichtlichen Versuch einer Usurpation, indem er Septimius zum Staatsfeind ausrufen ließ. Allerdings revidierte er am 1. Juni seine Entscheidung noch bevor der ehemalige Gegner Rom überhaupt erreicht hatte. Sie erkannten Septimius sogar als Kaiser an. Anhand einer militärischen Übermacht, die unaufhaltsam auf Rom marschiert, bedeutete diese Entscheidung für die Senatoren zumindest kurzfristige Sicherheit. Nur einen Akteur ließen sie fallen: Didius Julianus, ihren eigenen Kaiser. Ihm war nun jegliche Machtgrundlage abhandengekommen. Aus seiner Sicht standen nahezu alle Truppen hinter einem der drei Verräter, von denen einer mit tausenden Legionären im Schlepptau jeden Moment Rom erreichen konnte, und der Senat hatte sich Septimius zugewandt. Zu allem Überfluss befand er sich selbst damit in akuter Lebensgefahr. Es dauerte genau einen Tag, bis sich diese in körperlicher Gewalt gegenüber Julianus äußerte. Am 2. Juni wurde Didius Julianus im Kaiserpalast ermordet. 

Der Weg für Septimius Severus war aber noch nicht endgültig frei. Die Sicherung seiner Alleinherrschaft dauerte noch bis 197 an. Er ließ es sich trotzdem nicht nehmen, nur eine Woche nach Julianus’ Tod triumphal in Rom einzuziehen. Dagegen konnte Julianus seine Amtszeit von 66 Tagen nicht einmal für eine eigene Politik nutzen. All diese Ereignisse zeugen eindeutig nicht von einem epischen Duell zweier Protagonisten um die Kaiserwürde. Ein solches wäre wahrscheinlich ohnehin bereits - wenn auch nur halbwegs faktentreu - verfilmt worden. Trotzdem zeigt das knapp dreimonatige und vor allem tödliche Spiel um die Macht, dass auch abseits der eingangs erwähnten legendären Persönlichkeiten zum Teil alles in die Waagschale geworfen wurde, um sich an die Spitze des Römischen Reiches zu setzen. Doch eines haben die Sieger und die Verlierer immer gemein: In der Forschung finden stets beide Seiten ihren Platz.

Alexander Pracht

Foto: KI-generiert