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Pressemeldung
Nr. 251 / 2017
15. Dezember 2017 : Thermalisierung im Fokus: Universität federführend in neuer Forschergruppe
Eine Tasse mit heißem Kaffee kühlt in wenigen Minuten auf Raumtemperatur ab. Dieses Phänomen der Thermalisierung lässt sich im Alltagsleben beobachten. Allerdings spielt die Frage, ob und auf welche Weise ein physikalisches System ins Gleichgewicht kommt, eine Schlüsselrolle auf vielen Gebieten der modernen experimentellen und theoretischen Physik.
Eine nun von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) bewilligte Forschergruppe unter Leitung von Juniorprof. Dr. Robin Steinigeweg an der Universität Osnabrück wird sich mit dieser komplexen Fragestellung befassen. Mitbeteiligt sind die Universitäten Bielefeld und Oldenburg sowie das Forschungszentrum Jülich. »Die Bewilligung ist ein herausragender Erfolg für unsere Universität«, so die Osnabrücker Universitätsvizepräsidentin für Forschung und Nachwuchsförderung Prof. Dr. Susanne Menzel. »Sie zeigt zum einen, dass die im Jahr 2015 erfolgte Berufung von Prof. Steinigeweg schon nach zwei Jahren Früchte trägt. Und darüber hinaus macht sie deutlich, dass Prof. Steinigeweg als noch junger Wissenschaftler bereits eine internationale Reputation auf seinem Gebiet genießt und deshalb bei der Antragsstellung der Forschergruppe erfolgreich sein konnte.«
Der offizielle Name der derzeit einzigen Forschergruppe an der Universität Osnabrück lautet „Fundamental Aspects of Statistical Mechanics and the Emergence of Thermodynamics in Non-Equilibrium Systems“ und ergänzt in idealer Weise die bestehenden Verbundprojekte. Die DFG stellt für die Gruppe Mittel in Höhe von ca. 1,3 Millionen Euro für zunächst drei Jahre zur Verfügung.
»Thermalisierung kann man sich, natürlich sehr vereinfacht ausgedrückt, als das Abkühlen einer Tasse mit heißem Kaffee vorstellen«, so Steinigeweg, der seit Oktober 2015 an der Universität Osnabrück forscht und lehrt. Offene Fragen in diesem Bereich werden bereits seit langer Zeit immer wieder untersucht, aber gerade in den letzten Jahren hat das Interesse daran sehr stark zugenommen, insbesondere im Zusammenhang mit der Entdeckung neuartiger Materialien und Zuständen wie beispielsweise kalter Atomgase, topologischer Isolatoren oder Lokalisierungseffekte in Vielteilchensystemen. Insbesondere wurden auch im grundlegenden theoretischen Verständnis von Thermalisierung große Fortschritte erzielt.
Viel weniger ist allerdings bisher bekannt über den Weg ins Gleichgewicht an sich, und die strenge Herleitung des makroskopischen Relaxationsverhaltens »wie das Abkühlen einer Tasse mit heißem Kaffee« aus mikroskopischen Grundprinzipien stellt daher nach wie vor eine der großen Herausforderungen in der Theorie dar. Das Ziel der Forschergruppe ist es, diese theoretischen Herausforderungen im Bezug auf die mikroskopischen Grundlagen der Relaxation anzugehen. »Im Zentrum unserer Untersuchungen steht das Verhalten komplexer Systeme unter generischen Nichtgleichgewichtsbedingungen, die durch Anfangszustände fern vom Gleichgewicht oder durch starke äußere Antriebskräfte induziert werden«, so Prof. Dr. Peter Reimann, Ko-Sprecher der Forschergruppe von der Universität Bielefeld.
Insbesondere soll die Rolle spezieller Anfangszustände in isolierten und offenen Systemen mit expliziter Badankopplung geklärt werden. Die Schlüsselfragen umfassen die Begründung konventioneller exponentieller Relaxation, phänomenologischer Transportgesetzte und des Gibbsschen Gleichgewichts sowie die Formulierung von Fluktuationstheoremen über verrichtete Arbeit. »Obwohl die Forschergruppe sich auf die Klärung dieser theoretischen Grundfragen fokussiert, sind die betrachteten Modelle auch eng verknüpft mit realen Materialien, wie beispielsweise magnetische Moleküle, niederdimensionale Quantenmagnete oder topologische Systeme mit flachen Bändern«, so der Physiker und Vizepräsident für Forschung an der Universität Oldenburg, Prof. Dr. Martin Holthaus, der ebenfalls der Forschergruppe angehört. »Angesichts der Komplexität solcher Modelle kann das Zusammenwirken der an den verschiedenen beteiligten Standorten entwickelten analytischen und numerischen Kompetenzen als eine besondere Stärke unseres Verbundprojekts betrachtet werden.«
Beteiligt sind außer den Sprechern Prof. Dr. Robin Steinigeweg und Prof. Dr. Peter Reimann: Prof. Dr. Thomas Dahm und Prof. Dr. Jürgen Schnack (beide von der Universität Bielefeld), Prof. Dr. Andreas Engel und Prof. Dr. Martin Holthaus (beide von der Universität Oldenburg), Prof. Dr. Jochen Gemmer und Prof. Dr. Philipp Maass (beide von der Universität Osnabrück), sowie Prof. Dr. Kristel Michielsen (Forschungszentrum Jülich).
Weitere Informationen für die Redaktionen:
Prof. Dr. Robin Steinigeweg, Universität Osnabrück
Fachbereich Physik
Barbarastraße 7, 49074 Osnabrück
Tel.: +49 541 969 3592
robin.steinigeweg@uni-osnabrueck.de