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Pressemeldung

Nr. 192 / 2019

18. Oktober 2019 : Beeinflusst die Messung das Ergebnis? – Studie der Uni Osnabrück vergleicht Methoden für das Erforschen von moralischen Dilemmata im Straßenverkehr

Inwiefern die Ergebnisse aus komplexen Virtual Reality (VR)- und Fragebogenstudien vergleichbar sind, wenn sie das Verhalten von Menschen in extremen Situationen erfassen, beschäftigt Forscher der Kognitionswissenschaft an der Universität Osnabrück. Das Team um Doktorand Leon Sütfeld untersucht hierfür das Verhalten von Versuchsteilnehmern in Dilemmasituationen im Straßenverkehr.

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© Leon René Sütfeld

Inwiefern die Ergebnisse aus komplexen Virtual Reality (VR)- und Fragebogenstudien vergleichbar sind, wenn sie das Verhalten von Menschen in extremen Situationen erfassen, beschäftigt Forscher der Kognitionswissenschaft an der Universität Osnabrück.

Die Frage, wie wir uns in moralischen Dilemmasituationen verhalten, hat durch die Entwicklung selbstfahrender Autos neuen Aufwind bekommen. Schließlich müssen die Fahrzeuge darauf programmiert sein, in kritischen Situationen angemessen zu reagieren. Studien, in denen Versuchsteilnehmer wählen müssen, wen bzw. welche Gruppe von Personen sie am ehesten retten würden, sollen helfen, unseren moralischen Kompass auszuloten, um Richtwerte für das Verhalten von automatisierten Fahrzeugen aufzuzeigen. Eine Vielzahl solcher Studien weltweit hat sich bereits dieses Themas angenommen, allerdings oft mit komplett verschiedenen methodischen Herangehensweisen.

Die Studien unterscheiden sich in einer Vielzahl von Eigenschaften, wie etwa der visuellen Darstellung — bildlich oder in Text —, dem Zeitdruck, oder der Perspektive aus der die Situation dargestellt wird. “Ob ich mich virtuell in ein fahrendes Auto begebe, und mich in Sekundenbruchteilen zwischen Menschen entscheiden muss, die ich vor mir auf der Straße sehe, oder ob ich lediglich ein Kreuz auf einem Blatt Papier mache, kann die emotionale Ausgangslage komplett umkrempeln”, so Prof. Dr. Gordon Pipa, einer der beiden Seniorautoren der Veröffentlichung. Zuvor hatten vergleichende Studien für andere Arten von Dilemmata teils starke Abhängigkeiten zwischen Methode und Teilnehmerverhalten zutage gefördert.

Die Kognitionswissenschaftler der Universität Osnabrück führten daher zwei Studien durch, in denen systematisch verschiedene Aspekte der Darstellung variiert wurden, um zu erfassen, welche methodischen Aspekte für mögliche Unterschiede im Verhalten der Teilnehmer entscheidend sind. So wurden text- und bildbasierte Darstellungen, Bildschirm- und VR-basierte Darstellungen, und Zeitdruck in mehreren Abstufungen einander gegenübergestellt. Zur Auswertung der Ergebnisse verwendeten die Forscher moderne statistische Verfahren, mit denen sich die einzelnen Einflussfaktoren sehr genau nachvollziehen lassen.

“Interessant zu beobachten ist, dass die Entscheidungen der Teilnehmer in diesem Kontext nicht stark von der verwendeten Methodik abhängen. Die Daten sprechen dafür, dass in allen Versuchsbedingungen sehr ähnliche Konstrukte gemessen werden”, fasst Leon Sütfeld die Ergebnisse zusammen. Das Team versteht dies als Indiz, dass die Erkenntnisse bzgl. unseres Verhaltens aus dieser und vorangegangenen Studien auf einer belastbaren Basis stehen. Damit einher geht die Forderung, dass das intuitive Moralverständnis, das in solchen Studien offengelegt wird, in der Entwicklung und Regulierung selbstfahrender Autos berücksichtigt werden muss, um die Akzeptanz dieser Technologie nicht zu gefährden.

Die Studie erscheint im Open Access Journal PLOS ONE, und steht unter folgendem Link zur Verfügung: https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0223108

Weitere Informationen für die Redaktionen:
Leon René Sütfeld, Universität Osnabrück
Institut für Kognitionswissenschaft
Wachsbleiche 27, 49088Osnabrück
lsuetfel@uos.de