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Pressemeldung

Nr. 53 / 2019

04. April 2019 : Forscherin der Uni Osnabrück leitet Studie über die Kommunikation einer kooperativen Singvogelart

Menschliche Kooperation und Kommunikation beruhen ganz gravierend auf der sozio-kognitiven Fähigkeit, Aufmerksamkeit mit anderen zu koordinieren, die sogenannte „geteilte Aufmerksamkeit“. Unklar war bisher, welche Faktoren die Evolution dieser, angeblich nur dem Menschen vorbehaltenen, Fähigkeit gefördert haben könnten. Eine aktuelle Studie unter Leitung von Prof. Dr. Simone Pika, Leiterin der Forschungsgruppe Vergleichende Kognitionsbiologie des Instituts für Kognitionswissenschaft der Universität Osnabrück, in der renommierten Fachzeitschrift Proceedings of The Royal Society B, Biological Sciences, wirft nun erstmalig Licht auf diese Frage.

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© Yitzchak Ben Mocha

Grausdrosslinge bilden den Gegenstand der Studie.

Die Fähigkeit Aufmerksamkeit zu teilen, stellt einen fundamentalen Meilenstein in der Ontogenese menschlicher, kooperativer Kommunikation dar. Erste Anzeichen Aufmerksamkeit gezielt zu koordinieren, finden sich bereits bei Kindern in den ersten zwei Lebensjahren. “Wenn mein zweijähriger Sohn mich dazu bringen will mit ihm in eine bestimmte Richtung zu laufen, sind mehrere Kommunikationsmodalitäten und –verknüpfungen möglich“, sagt Yitzchak Ben Mocha, Erstautor der Studie und Doktorand am Max Planck Institut für Ornithologie in Seewiesen und am Max Planck Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig. „Er kann mich zum Beispiel direkt ansprechen („Papa“), spezifische Gesten verwenden, beispielsweise winken, und in die gewünschte Richtung laufen, während er regelmäßig zurückschaut, und prüft, wie ich reagiere. Folge ich seiner Einladung nicht, werden die Kommunikationssignale verstärkt oder abgeändert, bis das gewünschte Ziel erreicht ist.“ Die Fähigkeit, Aufmerksamkeit mit anderen zu koordinieren wird von vielen Wissenschaftlern als grundlegendes Charakteristikum menschlicher Kommunikation gesehen. Für manche repräsentiert sie sogar den kleinen Unterschied in der menschlichen Evolution, welcher den großen Unterschied in sozialen Kognitionsleistungen einläutete.

Die Studie untersuchte, ob die besondere Kombination zweier Faktoren — nämlich einem Menschenaffen-ähnlichen Kognitionssystem und einem hohen Kooperationspotential (Aufzucht der Jungen durch verwandte und nicht-verwandte Artgenossen) — die Evolution dieser angeblich nur dem Menschen vorbehaltenen Fähigkeit gefördert haben könnte. Um dieser Frage nachzugehen, untersuchten die Forscher kommunikative Interaktionen einer Singvogelart, der Graudrosslinge (Turdoides squamiceps) im Shezaf Natur Reservat in Israel. Diese etwa starengroßen Singvögel, denen ein Menschenaffen-ähnliches Kognitionssystem fehlt, ziehen ähnlich wie der Mensch jedoch ihre Jungen auch kooperativ auf.

Die Ergebnisse zeigen, dass Graudrosslinge Schlüsselelemente der Fähigkeit Aufmerksamkeit zu teilen verwenden. Zum Beispiel ermuntern erwachsene Vögel den Nachwuchs, ihnen an Unterschlupforte zu folgen, indem sie auffällig mit den Flügeln flattern, vokalisieren, und dabei stets den Blick zwischen Nachwuchs und geplanter Richtung alternieren. Sie präsentieren Objekte, um einen Partner des anderen Geschlechts zu umgarnen und ihn zu überzeugen, das Blickfeld der anderen Gruppenmitglieder zu verlassen und versteckt zu kopulieren. “Es ist äußerst faszinierend zu beobachten, dass eine Tierart mit einem vergleichsweise kleinen Gehirn Verhaltensweisen verwendet, die traditionell nur uns Menschen zuerkannt wurden” sagt Prof. Dr. Simone Pika, die Primatologin am Institut für Kognitionswissenschaft. “Unsere Ergebnisse stützen somit die Hypothese, dass kooperative Motive die Entwicklung von komplexen sozio-kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten gefördert haben könnten.”

Weitere Informationen für die Redaktionen:
Prof. Dr. Simone Pika, Universität Osnabrück
Institut für Kognitionswissenschaft
Artilleriestraße 34, 49076 Osnabrück
Tel: +49 541 969 2721
spika@uni-osnabrueck.de