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Pressemeldung

Nr. 8 / 2022

19. Januar 2022 : Neue Publikation erschienen: An Verschwörungen zu glauben hilft nicht gegen Angst und Ungewissheit

Wie Verschwörungsglaube mit Ängstlichkeit, Aversion gegen Ungewissheit und existenzieller Bedrohung zusammenhängt, haben Psychologinnen von der Universität Osnabrück und ein Psychologe der FernUniversität Hagen in zwei Studien untersucht. Die Ergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe von „Personality and Social Psychology Bulletin“ erschienen. https://doi.org/10.1177%2F01461672211060965

Manche Menschen glauben, dass es geheime, böswillige Mächte gibt, die das Weltgeschehen stark beeinflussen, sogenannte Verschwörungen. „Verschwörungsglaube entsteht häufig als Reaktion auf Angst, Ungewissheit und Bedrohung, und könnte einen Versuch darstellen, diese negativen Empfindungen zu reduzieren oder besser aushalten zu können“, berichtet Prof. Dr. Julia Becker, Sozialpsychologin der Universität Osnabrück. Der Glaube an eine Verschwörung kann somit attraktiv sein, da scheinbar einfache und allumfassende Erklärungen für komplexe Zusammenhänge geliefert werden. Dennoch helfen solche Überzeugungen vermutlich nicht dabei, sich wirklich besser zu fühlen: „Verschwörungsglaube besteht aus großem Misstrauen und einer Weltsicht, in der die Gesellschaft bösen Mächten hilflos ausgeliefert ist“, so Luisa Liekefett, Erstautorin der Studie.   

In den zwei Studien, die der aktuellen Publikation zugrunde liegen, haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersucht, ob Verschwörungsglaube Angst und Ungewissheit reduzieren kann, oder diese Empfindungen im Gegenteil noch verstärkt. In Studie 1 wurden ca. 400 Personen in einem Abstand von zwei Wochen viermal befragt. In Studie 2 wurden ca. 1000 Personen in einem Abstand von vier Monaten viermal befragt. In der ersten Studie zeigte sich, dass Verschwörungsglaube im Längsschnitt einen Anstieg in Ängstlichkeit, Aversion gegen Ungewissheit und einem Gefühl von Bedrohung vorhersagte. In der zweiten Studie ließen sich diese negativen Konsequenzen von Verschwörungsglauben nicht nachweisen – es gab allerdings auch keine positiven Effekte durch Verschwörungsglauben. „Unsere Ergebnisse zeigen also, dass Verschwörungsglaube nicht dabei hilft, Ungewissheit besser auszuhalten oder Angst zu reduzieren. Im Gegenteil können diese negativen Empfindungen kurzfristig sogar verstärkt werden“, sagt Luisa Liekefett.

Beide Studien zeigten außerdem, dass Verschwörungsglaube einen weiteren Anstieg in Verschwörungsglaube am darauffolgenden Messzeitpunkt vorhersagte. Über die Zeit hinweg wurden diejenigen, die an Verschwörungen glaubten, immer stärker überzeugt von ihren Ansichten. Verschwörungsglaube scheint sich also selbst zu verstärken. Mögliche Gründe dafür könnten sein, dass Widersprüche in und Zweifel an den eigenen Überzeugungen ausgeblendet, oder sogar durch weitere (noch größere) Verschwörungen erklärt werden.

Liekefett, Christ und Becker (2021). Can Conspiracy Beliefs Be Beneficial? Longitudinal Linkages Between Conspiracy Beliefs, Anxiety, Uncertainty Aversion and Existential Threat. Personality and Social Psychology Bulletin. https://doi.org/10.1177%2F01461672211060965

Weitere Informationen für die Redaktionen:
Luisa Liekefett, Universität Osnabrück
Institut für Psychologie
Tel.: +49 541 969 4090
E-Mail: luisa.liekefett@uni-osnabrueck.de