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Akademisches Schreiben: Warum?

Was zeichnet akademisches / wissenschaftliches Arbeiten grundsätzlich aus?

  • Wissenschaftliches Arbeiten zielt immer darauf ab, neues Wissen zu schaffen, neue Erkenntnisse zu gewinnen.
  • Letztere gilt es methodisch kontrolliert zu erzeugen, um den Prozess der Erkenntnisgewinnung für Dritte nachvollziehbar und somit kritisierbar (bzw. falsifizierbar) zu machen.
  • Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kommen zu Erkenntnissen und Ergebnissen, die den Kriterien der Intersubjektivität bzw. Objektivität folgen.
  • Insofern hebt sich wissenschaftlich erzeugtes Wissen kategorisch vom Alltagswissen, Meinen, Überzeugtsein und Glauben ab. Es ist in seiner Gültigkeit unabhängig von der Person des Forschenden.
  • Wissen wird in der Wissenschaft kumulativ geschaffen à Anknüpfung an den bestehenden wissenschaftlichen Diskurs (Theorien, Studien etc.).
  • Wissenschaftler*innen publizieren ihre Ergebnisse, d.h. sie machen sie der ‚Scientific Community‘ zugänglich, denn Wissenschaft funktioniert nur im Dialog
    (vgl. Burchert / Sohr 2008: 15-17)

Was zeichnet akademisches / wissenschaftliches Arbeiten im Studium aus?

  • Fach- und Schreibkompetenzen werden im Studium eingeübt und in Form von Seminar-, Bachelor- oder Masterarbeiten nachgewiesen.
  • Im Allgemeinen geht es dabei vor allem darum, dass man in der Lage ist, eigenständig wissenschaftliche Fragestellungen zu bearbeiten, zu eigenen Erkenntnissen zu kommen und dies mittels adäquater wissenschaftlicher Methoden zu tun.
  • Inhalte sollen selbst erarbeitet, in einer bestimmten Form dargestellt und präsentiert werden.
  • Es sollen dabei eine wissenschaftliche Grundhaltung erlernt und Fachwissen erworben werden.

Schreibkompetenzen beim akademischen / wissenschaftlichen Schreiben

Teilbereiche der wissenschaftlichen Schreibkompetenz

Schreibende müssen…

Wissen

über Fachwissen und fachbezogene Forschungsmethoden verfügen.

Prozess

metakognitive Kompetenzen für die Steuerung der Prozesse, also quasi Projektmanagement-Kompetenzen, haben.

Kommunikation

mit den Regeln kollaborativer Wissensproduktion, des Zitierens sowie mit Autorenrollen und Wissens- und Diskursgemeinschaften vertraut sein.

Genres

Textgenres des Studiums und ihre Spezifika kennen.

Medien

Schreib-, Publikations- und Kommunikationsmedien kennen und den Umgang mit ihnen üben.

Sprache

schriftsprachliche Normen sowie wissenschafts- und fachsprachliche Grundlagen beherrschen.

                                                                                                                (Grieshammer et al. 2013: 16) 

Akademisches Schreiben: Wie?

  1. Sich mit dem wissenschaftlichen Gegenstand oder Thema vertraut machen,
  2. die gefundenen Erkenntnisse entsprechend der Aufgabenstellung strukturieren,
  3. sie dann versprachlichen und in eine akzeptable Form bringen.

Der Schreibprozess

„Schreiben lernt man durch Schreiben, aber nur dann, wenn es reflektiertes Schreiben ist.“ (Kruse 2007: 11)

Am Anfang jeder wissenschaftlichen Arbeit steht ein leeres Blatt. Manche füllen es in Sekundenschnelle mit Ideen, nur um sie direkt im Anschluss wieder zu löschen, andere starren stundenlang gehemmt auf das leere Papier. Gerade vor der ersten wissenschaftlichen Arbeit ist es wichtig, sich klarzumachen, dass kaum jemand aus dem Stegreif druckfertige Sätze formulieren kann. Eine solche Erwartung an sich selbst zu stellen, ist unrealistisch. Das Schreiben wissenschaftlicher Texte ist also weder etwas, das man einfach kann oder nicht kann, sondern es ist ein umfassender kognitiver und psychomotorischer Prozess, der in verschiedenen Phasen mit verschiedenen Unterschritten abläuft. Für das eigene Schreiben einer wissenschaftlichen Arbeit ist es daher unabdingbar, sich mit der Prozesshaftigkeit des Schreibens auseinander zu setzen. Dies kann dabei helfen, Hemmungen zu lösen, sich Zwischenziele während des Schreibens zu setzen und die eigene Arbeit sinnvoller zu planen. Es gibt viele verschiedene Schreibprozessmodelle, gerade für Anfänger*innen ist jedoch das Schreibprozessmodell von Otto Kruse sehr übersichtlich und eingängig, weswegen wir euch dieses im Folgenden vorstellen wollen.

Schreibprozessmodell nach Kruse

Schriftgrafik aus Kruse, Otto (2007): Keine Angst vor dem leeren Blatt

Schriftgrafik aus Kruse, Otto (2007): Keine Angst vor dem leeren Blatt. Ohne Schreibblockaden durchs Studium. Frankfurt am Main: Campus Verlag (12. völlig neu bearbeitete Auflage)

Das Schreibprozessmodell nach Kruse teilt den Schreibprozess in vier Phasen ein:

Planen und Abstimmen: In dieser Phase wird das Schreibprojekt grundlegend vorbereitet. In der Regel suchen sich die Schreibenden ein Thema und grenzen dieses ein. Dazu ist es häufig notwendig, sich ein wenig einzulesen. Die Schreibenden entwickeln daraufhin eine Fragestellung oder These und legen das Ziel ihres Schreibprojekts fest. Dazu gehört auch, wie dieses Ziel erreicht werden soll (ausschließlich auf Grundlage wissenschaftlicher Literatur oder auch durch eigene Datenerhebungen?). Sind alle Formalitäten geklärt, ist es ratsam, das Gespräch mit den Prüfer*innen zu suchen. In diesem Gespräch kann nicht nur der Rahmen (wie Umfang der Arbeit oder Bearbeitungszeit) geklärt, sondern auch das konkrete Vorhaben vorgestellt werden. Dies hat den Vorteil, dass die Schreibenden Feedback zu ihrem Vorhaben erhalten, bevor sie Text zu Papier gebracht haben. So können mögliche Probleme in Bezug auf das Thema und / oder die Fragestellung schon im Vorfeld ausgeräumt werden und die Schreibenden haben mehr Sicherheit bei der Weiterbearbeitung. Nach dem Modell schließt diese Phase mit einem Exposé ab. Dieses kann sowohl den Schreibenden als auch den Prüfer*innen einen guten Überblick über das Vorhaben liefern.

Material sammeln und Daten erheben: Auch diese Phase dient zur Vorbereitung auf das eigentliche Schreiben. Hier geht es darum, systematisch zum Thema / zur Fragestellung zu recherchieren. Dazu gehört natürlich, Literatur zielgerichtet zu lesen und ggf. auch zu exzerpieren. Sinnvoll und notwendig ist es, sich für das Lesen von Fachtexten Lesestrategien anzueignen, die die Arbeit mit wissenschaftlichen Texten erleichtern (bspw. bei Lange 2018). Die Schreibenden sammeln Material, ordnen und verarbeiten dieses und strukturieren es schließlich so, dass es sich gut in ihren Text einfügt. Spätestens an dieser Stelle kann dann eine Gliederung festgelegt werden. Am Ende dieser Phase steht der Rohtext, also der Entwurf der Arbeit.

Arbeit am Text und Überarbeiten: Ist der Rohtext ‚fertig‘, ist der Text aber noch nicht abgabefähig. Generell sollten die Schreibenden ihren Text zunächst auf der Inhaltsebene überarbeiten. Erst, wenn sie zufrieden mit ihrem Inhalt sind (und ggf. auch Feedback von anderen Personen eingeholt haben) und dort keine Änderungen mehr vornehmen möchten, sollte der Text auf der sprachlichen Ebene überarbeitet werden (denn jede inhaltliche Veränderung kann neue sprachliche Fehler oder Tippfehler mit sich bringen). Bevor die Arbeit als Manuskriptfassung vorliegt, sollte das Layout gestaltet und die Arbeit final korrekturgelesen worden sein.

Abschließen und Publizieren: Ein wichtiger Schritt beim Schreiben eines universitären Textes ist auch das Loslassen. Nachdem die Arbeit final korrigiert und auch das Layout abschließend fertiggestellt worden ist, kann die Arbeit schließlich abgegeben werden. Dies fällt einigen Schreibenden schon mal schwer. Bis zur Benotung vergehen dann meistens einige Wochen. Steht die Note fest, ist bei Abschlussabreiten beispielsweise auch ein Gutachten der Arbeit vorhanden. Aber auch bei Hausarbeiten können Schreibende natürlich Feedback zum Text und zur Note einholen.

Generell muss an dieser Stelle gesagt werden, dass dieses Modell einen guten Überblick über die Aufgaben beim Schreiben einer wissenschaftlichen Arbeit liefert. Allerdings sollte es nicht als Schablone verwendet werden, da es natürlich auch seine Grenzen hat. Die kreisförmige Anordnung mit den vier Phasen erweckt den Eindruck, dass es im Uhrzeigersinn zu lesen ist. Es ist aber natürlich so, dass man zwischen den Schritten vor- und zurückspringen kann und beispielsweise auch mit Schritten aus der Phase „Material sammeln und Daten erheben“ schon in der ersten Phase beginnt. Zudem sind nicht alle Schritte obligatorisch. Beispielsweise gibt es wissenschaftliche Arbeiten, in denen das Thema nicht selbst gefunden und eingegrenzt werden muss, sondern Prüfer*innen ein Thema vorgibt.

Literatur

Burchert, Heiko / Sohr, Sven (2008): Praxis des wissenschaftlichen Arbeitens. Eine anwendungsorientierte Einführung. 2. Auflage, Oldenburg, Wissenschaftsverlag.

Grieshammer, Ella / Liebetanz, Franziska/Peters, Nora, Zegenhagen, Jana (2013): Zukunftsmodell Schreibberatung. Eine Anleitung zur Begleitung von Schreibenden im Studium. Baltmannsweiler, Schneider Verlag Hohengehren.

Kruse, Otto (2007): Keine Angst vor dem leeren Blatt. Ohne Schreibblockaden durchs Studium. 12. völlig neu bearbeitete Auflage, Frankfurt am Main, Campus Verlag.

Lange, Ulrike (2018): Fachtexte lesen – verstehen – wiedergeben. 2. Auflage, Stuttgart, UTB Verlag.

Rost, Friedrich (2012): Lern- und Arbeitstechniken für das Studium. 7. überarbeitete und aktualisierte Auflage, Wiesbaden, Springer Verlag für Sozialwissenschaften.

Die Text zum Download findet ihr hier (PDF, 439 kB).