Thema des Monats Juli 2023: Der große Brand Roms. Kaiser Nero, ein Brandstifter?

Gemälde „The fire of Rome“ von Hubert Robert.

Es ist der 19. Juli 64 n. Chr. In einer der hölzernen Verkaufsbuden am Circus Maximus entsteht ein Feuer, das sich innerhalb kürzester Zeit im dichtbesiedelten Rom ausbreitet. Der große Brand Roms soll insgesamt neun Tage in der Ewigen Stadt gewütet haben. Das Inferno zerstört etwa Zweidrittel der Stadt. Ein Unfall oder war es etwa doch Brandstiftung? Aus damaliger Sicht scheint klar: Schuldiger? Kaiser Nero. So wurde ihm vorgeworfen, Rom extra angezündet zu haben, um die Stadt nach seinen Wünschen und Plänen wieder prachtvoll aufbauen zu lassen.

Die antiken Texte vermitteln uns in Teilen die Ansicht, dass Nero für den Brand der Ewigen Stadt verantwortlich gewesen sei. Nachweisbare Vorwürfe oder aus heutiger Sicht doch nur üble Nachrede?

Cassius Dio wird dabei im fünften Band seiner Römischen Geschichte deutlich und schreibt, dass „der Kaiser heimlich Männer aus[schickte], die sich als betrunken oder auch sonst wie verbrecherisch geben sollten, und ließ zuerst ein oder zwei oder selbst mehrere Gebäude in Brand stecken“, um „die ganze Stadt sowie das Reich zu vernichten“.

Auch der bekannte Historiker Tacitus berichtet in seinen Annalen etwa 50 Jahre nach dem Feuer über den wohl größten Brand Roms und bestreitet eine mögliche Schuld Neros nicht. So spekuliert er: „Darauf ereignete sich ein Unglück, ob durch Zufall oder des Kaisers Hinterlist veranlaßt, ist ungewiß - die Geschichtsschreiber haben beides berichtet.“ Jedoch stützt auch er sich nur auf andere Quellen, die er jedoch nicht genauer benennt. Zudem war das Bild des Kaisers sowieso negativ geprägt, sodass ein solcher Verdacht es nur weiter untermauerte.

Brände waren im antiken Rom keine Seltenheit. Gebäude bestanden aus Holz, gekocht wurde mit offenen Flammen und auch als Lichtquelle wurde offenes Feuer genutzt. Dass es zu einer Katastrophe solchen Ausmaßes kommen musste, scheint somit nicht vollkommen verwunderlich. Bereits Augustus klagte im Jahr 6 n. Chr. über vermehrte Brände in der Ewigen Stadt und bereits zehn Jahre vor dem großen Brand Roms stand der Caelius-Hügel zwei Tage in Flammen. Doch betrachten wir den Verlauf des großen Brandes genauer. Auch hier berichtet der römische Geschichtsschreiber Tacitus:

„Es brach in dem Teile des Circus aus, der nach dem Palatinus und Caelius hin gelegen ist. Dort in den Verkaufsbuden, wo die Waren den Flammen Nahrung boten, entstand es, breitete sich vom Winde begünstigt sofort aus und ergriff den Circus in seiner ganzen Länge.“ Auch Dio berichtet von starken Winden, die die Flammen „zu all den Bauwerken hin, die noch standen“ trugen und die Ausbreitung des Brandes begünstigten. Zudem „lagen ja keine mit Brandmauern versehene Paläste oder mit Mauern umgebene Tempel dazwischen oder sonst etwas, was das Feuer hätte aufhalten können“, was nach Tacitus zusätzlich zur Ausweitung des Feuers beitrug. 

Auch die Löschversuche scheiterten aufgrund der rasanten Ausbreitung der Flammen und der engen, verwinkelten Straßen Roms. Weiter berichtet Tacitus von den Hinderungen bei den Löscharbeiten durch die schwächeren Bürger Roms. Aber auch bei Dio heißt es: „Dazu ertönten endlos Schreie und Jammerrufe zusammen von Kindern, Frauen, Männern und Greisen.“ Für weiteres Leid sorgten nach Dio die Soldaten einschließlich der Nachtwachen, die „ihr Augenmerk auf Plünderung [richteten] und […] anstatt zu löschen, noch weitere Gebäude an[zündeten].“ So sorgten weitere Verbrechen für noch mehr Elend zum Zeitpunkt dieser Krise der Ewigen Stadt.

Während die Einwohner Roms voller Angst und Leid vor den Flammen flüchteten und weitere unzählige Menschen qualvoll den Tod fanden, soll Kaiser Nero nach dem römischen Geschichtsschreiber Dio „zum Dach seines Palastes empor [gestiegen sein], von wo aus man den besten Überblick über den größeren Teil der Brandstellen hatte.“ Dort soll er im Kleid eines Kitharaspielers mit Blick auf die Flammen die Einnahme Trojas besungen haben. Dabei scheint auch für Sueton klar, dass der Kaiser Rom in Brand setzte, um „die Schäbigkeit der alten Gebäude und die engen und gewundenen Gäßchen“ zu erneuern. So soll er nach Sueton dieses Vorhaben sogar angekündigt haben und seine Ziele durch die Brandstiftung umgesetzt haben.

Für die heutigen Historiker*innen scheint die Verdächtigung Neros als Brandstifter jedoch vielmehr als politische Propaganda gedient zu haben. So brach das Feuer nicht in den von Nero ungeliebten Elendsvierteln aus, sondern am Caelius- Hügel, der zuvor schon im Jahr 27, 36 und 54 n. Chr. in Brand stand und durch die Flammen verwüstet wurde. Zudem wurde durch den Brand im Jahr 64 n. Chr. auch der kaiserliche Palast, der erst kurz zuvor nach den Wünschen des Kaisers umgestaltet worden war, zerstört. Dabei wurden auch die einzigartigen Sammlungen an Kunstschätzen vernichtet, die für Nero besondere Bedeutung hatten. Außerdem soll Nero während des Brandes alle möglichen Kräfte zur Brandbekämpfung eingesetzt haben und sich um die Versorgung mit Lebensmitteln für die Bürger Roms gekümmert haben.  

Es kann nicht völlig ausgeschlossen werden, dass der große Brand Roms auf eine Brandstiftung Neros zurückzuführen ist. Dennoch gilt eine absichtliche Brandstiftung durch den Kaiser als unwahrscheinlich und die Beschuldigungen Neros beruhten vielmehr auf Gerüchten und dienten der politischen Propaganda. Stattdessen werden vermutlich die klimatischen Bedingungen, die Architektur der Stadt sowie der Umgang mit offenem Feuer den großen Brand Roms verursacht und begünstigt und für diese Katastrophe in der Ewigen Stadt gesorgt haben.

Annalena Schwettlick

Bildnachweis: Gemälde „The fire of Rome“ von Hubert Robert.