‚ὁμονοεῖτε, τοὺς στρατιώτας πλουτίζετε, τῶν ἄλλων πάντων καταφρονεῖτε.‘
„Bleibt einträchtig, bereichert die Soldaten und schert euch um all das andere den Teufel.“
(Cass. Dio 77[76],15,2)
Dies waren die letzten Worte des Kaisers Septimius Severus – zumindest laut seinem Zeitgenossen Cassius Dio. Severus hatte in blutigen Bürgerkriegen, dem sogenannten Zweiten Vierkaiserjahr, alle Konkurrenten um den kaiserlichen Purpur ausgeschaltet und mit seinen beiden Söhnen Bassianus – besser bekannt als Caracalla – und Geta gleich zwei Nachfolger auserkoren. Als er am 04. Februar in Eboracum, dem heutigen York im Norden Englands, verstarb, scheint es gemäß Dios Zeugnis von oberster Priorität für ihn gewesen zu sein, dass die beiden Brüder harmonisch blieben. Doch warum?
Die Quellen berichten, dass die beiden Brüder von frühester Kindheit an erbitterte Rivalen waren und nichts als Hass für einander empfanden. Wie Brüder nun einmal so sind. Dass Severus seinen Erstgeborenen stets bevorzugte, trug wenig zur Deeskalation dieses Konfliktes bei: So erhielt Caracalla in Anlehnung an die Antoninen-Dynastie den Namen Antoninus und wurde auch zum Caesar, also zum Nachfolger seines Vaters, ernannt, wohingegen Geta weder derart prominent umbenannt wurde noch den Caesar-Titel erhielt. Als er dann doch noch wenig später den Caesar-Titel bekam, wurde sein älterer Bruder erneut auf eine höhere Stufe gestellt und zum Augustus, also dem Mitregenten seines Vaters, erhoben. Über 10 Jahre später wurde letztlich auch Geta zum Augustus ernannt. Möglicherweise hatte sein Vater erkannt, dass die von ihm intendierte Doppelherrschaft seiner Söhne andernfalls unmöglich sein würde.
So war es schließlich unvermeidlich, dass sich die brüderliche Rivalität auch auf dem Kaiserthron fortsetzen sollte. Weil beide Brüder eine gewisse Anhängerschaft hinter sich versammeln konnten und es demzufolge keinen Favoriten auf eine Einzelherrschaft gab, schien eine gewaltsame Eskalation des Konfliktes nur eine Frage der Zeit gewesen zu sein. So weit sollte es allerdings nicht kommen: Mittels einer List lockte Caracalla seinen Bruder im Dezember desselben Jahres in einen Hinterhalt und entledigte sich seiner Person auf höchst grausame Weise. Gemäß dem oben bereits erwähnten Cassius Dio sei Geta beim Anblick der zu seiner Ermordung ausgesandten Soldaten zu seiner ebenfalls vor Ort befindlichen Mutter geflohen und habe sie unter Tränen dazu aufgefordert, ihm zu helfen. Machtlos gegen die bewaffnete Übermacht musste sie jedoch hilflos zusehen, wie ihr jüngster Sohn in ihrem eigenen Schoß getötet wurde. Caracalla selbst soll ebenfalls einen Schwertstoß getätigt und die Mordwaffe später einer Gottheit geweiht haben.
Nach Getas Tod verhängte Caracalla eine besonders umfangreiche Erinnerungsächtung über seinen Bruder, die sogenannte damnatio memoriae. Infolgedessen wurden seine Statuen umgestürzt, sein Name ausradiert, seine Porträts zerstört und sogar seine Münzen sollen eingeschmolzen worden sein. Parallel verfolgte Caracalla nunmehr die Anhängerschaft seines Bruders, wobei laut Cassius Dio fast 20.000 Menschen den Tod fanden. Gemäß den antiken Autoren stand Caracallas Herrschaft also von Beginn an unter keinem guten Stern. Diese kann hier jedoch nicht weiter ausgeführt werden, sondern ist Thema für einen anderen Monat.
Kevin Teimer
Bildnachweis: Der Tod Getas durch Caracalla. Gemälde von Jacques-Augustin-Catherine Pajou aus dem Jahr 1788 commons.wikimedia.org/wiki/File:Geta_Dying_in_his_Mother%27s_Arms_by_Jacques_Pajou_-_Staatsgalerie_-_Stuttgart_-_Germany_2017.jpg