Thema des Monats Oktober 2024: Der Vesuvausbruch im Jahr 79 n. Chr.

Ölgemälde „Der letzte Tage von Pompeji“ des russischen Malers Karl Pawlowitsch Brjullow aus den Jahren 1830-1833

Im Jahr 79 n. Chr. kommt es zu einer der größten Naturkatastrophen der Antike: Der am Golf von Neapel gelegene Vesuv bricht aus und begräbt ganze Städte, darunter auch die heute weltbekannten Orte Pompeji und Herculaneum, unter sich. Besonders anschaulich wird die Eruption vom jüngeren Plinius, dessen gleichnamiger Onkel den Ausbruch selbst miterlebte und dabei ums Leben kam, in einem Brief an den Historiker Tacitus geschildert (Plin. epist. 6,16,5-6):

„Eine Wolke erhob sich; […] ihre Gestalt dürfte wohl am ehesten einer Pinie ähnlich gewesen sein. Denn sie wuchs wie mit einem Riesenstamm empor und teilte sich dann in mehrere Äste, wohl deshalb, weil sie von einem frischen Luftstrom emporgehoben wurde, dann aber, wenn dieser nachließ, den Auftrieb verlor, oder auch weil sie sich wegen ihres Eigengewichtes in die Breite verflüchtigte. Bisweilen war sie weiß, bisweilen schmutzig und fleckig, je nachdem sie Erde oder Asche emporgeworfen hatte.“

Im Gegensatz zum Ausbruchsverlauf, der aufgrund diverser Untersuchungen rekonstruiert werden konnte, ließ sich die monatsgenaue Datierung der Eruption bis heute nicht eindeutig klären. Ursächlich hierfür ist die Überlieferung der literarischen Quellen: Zwar nennt Plinius in seinem Brief ein exaktes Datum, allerdings variiert dieses je nach Handschrift. So sind neben dem etablierten 24. August (nonum kal. Septembres) ebenso der 1. November (kal. Novembres), 30. Oktober (III kal. Novembres) und 24. Oktober (nonum kal. Novembres) überliefert. Auch andere Autoren wie Cassius Dio, der nur oberflächlich davon spricht, dass sich der Ausbruch am Ende des Sommers/im Herbst (φθινόπωρον) ereignet habe, bringen wenig Licht ins Dunkel.

Archäologische Funde – zu nennen wären unter anderem Herbstfrüchte und eine Silbermünze des Kaisers Titus, die nach dem 8. September datiert werden müsse – plausibilisieren die Datierung der Eruption in den Herbst. Im Jahr 2018 entdeckten Archäologen ein mit Kohle geschriebenes Graffito, von dem aufgrund der Vergänglichkeit des Schreibmaterials angenommen wird, dass es kurze Zeit vor dem Ausbruch entstanden sein muss. Der Text des Graffitos lautet: XVI [ante] K[alendas] Nov[embres] in[d]ulsit pro masumis esurit[ioni], also in etwa „Am 17. Oktober gab er sich maßlos dem Essen hin“. Obwohl auch andere Lesarten existieren, herrscht in Bezug auf das Datum Einigkeit in der Forschung. Sofern die oben genannte Annahme über die Vergänglichkeit der Kohle zutreffend ist, wäre dieses Graffito ein starkes Indiz dafür, dass der Vesuv nicht – wie aufgrund von Plinius’ Zeugnis oftmals angenommen – im August, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach erst im Oktober des Jahres 79 n. Chr. ausbrach.

P.S. Zum Verständnis der römischen Kalenderangaben siehe den entsprechenden Beitrag in der Rubrik Thema des Monats vom August 2023 (Der römische Kalender).

Kevin Teimer

Bildnachweis: Ölgemälde „Der letzte Tage von Pompeji“ des russischen Malers Karl Pawlowitsch Brjullow aus den Jahren 1830-1833. 

 https://de.wikipedia.org/wiki/Der_letzte_Tag_von_Pompeji_(Gem%C3%A4lde)#/media/Datei:Karl_Brullov_-_The_Last_Day_of_Pompeii_-_Google_Art_Project.jpg