Forschung
Laufende Projekte
Projektteam: Prof. Dr. Ulrich Schneckener, Isabel Hoffmann, Katharina Kleynmans
Projektlaufzeit: 2024 - 2027
Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft - Sonderforschungsbereich Produktion von Migration
Das Teilprojekt fragt nach der Produktion von Mobilitätsoptionen im Zuge des Migrations- und Grenzmanagements zwischen der Europäischen Union (EU) und zwei osteuropäischen Staaten (Ukraine und Moldau). Untersucht werden Aushandlungsprozesse im Rahmen der Eastern Partnership (EaP) zur Etablierung und Ausgestaltung von regulatorischen Infrastrukturen. Dabei werden migrationsbezogene Kategorisierungen und Zuschreibungen (re-)produziert, die sich in Entry-, Return- & Control-Praktiken gegenüber Individuen und Personengruppen übersetzen. Unter regulatorischen Infrastrukturen werden für dieses Teilprojekt vier Typen verstanden: (i) rechtlich verbindliche Abkommen zwischen der EU und den EaP-Staaten, (ii) politisch bindende Vereinbarungen, (iii) multilaterale Policy-Netzwerke sowie (iv) operative Kooperationsformate. Während (i) und (ii) den politisch-rechtlichen Handlungsrahmen setzen, dienen (iii) und (iv) primär zu dessen Implementierung und zum Kapazitätsaufbau beim Migrations- und Grenzmanagement.
Diese Prozesse vollziehen sich – seit Beginn der EaP 2009 – in einem hochgradig konfliktiven Umfeld. Als Zäsur muss der russische Angriffskrieg ab Februar 2022 betrachtet werden, der zu veränderten Zuschreibungen, Prioritäten und Praktiken beim Migrations- und Grenzmanagement sowie zu einem Politikwechsel der EU mit Blick auf den Kandidatenstatus für Ukraine und Moldau führte. Grundlegend stellt sich daher die Frage nach dem Einfluss von Konfliktdynamiken auf die Produktion von Migration.
Die übergeordnete Fragestellung wird anhand von drei Teilfragen untersucht, die jeweils mit einer theoretischen Perspektive verbunden sind: (1) Wie und in welcher Form werden regulatorische Infrastrukturen im Kontext der EaP zum Migrations- und Grenzmanagement ausgehandelt, etabliert und operativ umgesetzt? (Governance-Perspektive); (2) Welche Rolle spielen diese Infrastrukturen für die Produktion migrationsbezogener Kategorisierungen und Zuschreibungen sowie für die damit verbundenen Mobilitätsoptionen? (reflexive Migrationsforschung); (3) Inwiefern werden diese Prozesse durch regionale Konfliktdynamiken geprägt? (Konfliktforschung). Zur Untersuchung dieser Fragen nutzt das Projekt neben Process Tracing (Frage 1) inhaltsanalytische, interpretative und ethnographische Methoden (v.a. für Frage 2 und 3).
Projektteam: Prof. Dr. Alexander De Juan, Dr. Kristof Gosztonyi, Dr. Jan Koehler
Projektlaufzeit: 2024-2027
Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Kooperationspartner: Prof. Dr. Beatriz Magaloni Kerpel & Prof. Dr. Alberto Diaz Cayeros (Stanford University)
In der Regel versuchen konfliktbetroffene Staaten Ordnung durch die Ausdehnung von Staatlichkeit wiederherzustellen. Einige wenige Staaten gehen einen anderen Weg: Sie delegieren Kernfunktionen des Staates an kommunale Institutionen, die ihre Legitimität auf lokalen Traditionen begründen. Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Projekt untersucht wie sich diese Strategie auf die Sicherheitssituation in Mexiko auswirkt.
Projektteam: Prof. Dr. Daniel Mertens, Dr. Nils Stockmann
Projektlaufzeit: 2022-2025
Förderung: Programmlinie Sustainable Finance & Climate Protection (SFCP) vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Kooperationspartner: Hochschule Darmstadt, Universität Paderborn, Soziologisches Forschungsinstitut (SOFI) Göttingen
Das Teilprojekt des Verbundes Climate Finance Society untersucht die Rolle von Förderbanken in der Klimafinanzierung und der sich entwickelnden Landschaft nachhaltiger Finanzmärkte. Es ermittelt, welche Erwartungen an Förderbanken formuliert werden, welche Anpassungsprozesse existieren, welche Gestaltungsinstrumente und Begründungszusammenhänge sie in einem vielschichtigen institutionellen Umfeld nutzen und benennt Potenziale und Fallstricke in der Ausgestaltung staatlicher Förderinstrumente.
Abgeschlossene Projekte
Projektteam: Prof. Dr. Ulrike Krause, Nadine Segadlo
Projektlaufzeit: 2019 bis 2024
Förderung: Deutsche Stiftung Friedensforschung
Welche Bedeutungen messen Menschen und insbesondere Frauen, die vor gewaltsamen Konflikten geflohen sind, Frieden zu? Weltweit tragen gewaltsame Konflikte dazu bei, dass viele Menschen ihre Herkunftsregionen verlassen, um in anderen Gebieten oder Ländern Schutz zu suchen. Wissenschaftliche Studien zum Nexus von Konflikt und Flucht eruieren bisher vorrangig Konfliktfolgen. Sie belegen, dass konfliktbedingte Gewalt in Aufnahmesituationen von Geflüchteten, insbesondere in Flüchtlingslagern, anhalten und Frauen vor spezifische Risiken stellen kann. In dieser auf Gefahren konzentrierten Forschung bleibt allerdings die Bedeutung von Frieden vernachlässigt. Zumeist wird Frieden reduziert als Bedingung für die Rückkehr der Menschen an ihre Herkunftsorte, jedoch nicht als prägenden Teil des Alltags oder als Handlungsmotiv Geflüchteter und konkret geflüchteter Frauen betrachtet.
An dieser Stelle knüpft das Forschungsvorhaben Frauen, Flucht – und Frieden? Friedensfördernde Praktiken von Frauen in Flüchtlingslagern an. Das Vorhaben stellt Frieden in das Zentrum der Analysen und verbindet friedens- und fluchtwissenschaftliche Diskurse. Der Konflikt-Flucht-Nexus wird um eine interdependente Verbindung mit Frieden ergänzt und Flüchtlingslager als friedensrelevante Postkonfliktsituationen verstanden. Anhand empirischer Forschung mit Fallstudie im kenianischen Flüchtlingslager Kakuma sind die Ziele zu untersuchen, wie geflüchtete Frauen Frieden verstehen, wie sie sich im Lager und bezogen auf Herkunftsregionen für friedvolle Verhältnisse einsetzen möchten sowie welche Möglichkeiten und Grenzen sie in ihren friedensfördernden Praktiken erfahren.
Projekt Team: Prof. Dr. Ulrich Schneckener, Lina Liedlbauer
Projektlaufzeit: 01.05.2018 - 30.09.2023
Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Das Projekt untersucht, wie und unter welchen Bedingungen sich Politisierungsprozesse im Bereich der europäischen Sicherheit entfalten. Es stellt damit etablierte Annahmen in Frage, die das vermeintlich besondere Feld Sicherheit mit Formen der Entpolitisierung in Verbindung bringen. Es entwickelt einen mehrstufigen analytischen Rahmen zur Untersuchung von Politisierung und analysiert den Ablauf sowie die förderlichen Bedingungen von Politisierungsprozessen durch detaillierte Fallstudien. Das Projekt will die black box von Politisierungsprozessen öffnen, indem es konkrete Politisierungsakte verschiedener Akteure, die sich anschließenden Kontroversen und Interaktionen sowie die daraus resultierenden, potenziell ambivalenten Konsequenzen in den Blick nimmt. Die empirische Analyse beleuchtet Politisierungsprozesse in den Feldern Terrorismusbekämpfung und Grenzsicherheit auf der europäischen Ebene und der nationalen Ebene (am Beispiel Deutschlands). Als Ausgangsbeobachtung dient, dass die Bereitstellung umfassender Sicherheit entlang der aufgeweichten Grenze zwischen Innen und Außen zunehmend Gegenstand öffentlichen Interesses und öffentlicher Kontroversen wird. Im Angesicht transnationaler Risiken (insbesondere Migration und Terrorismus) nutzen die EU-Institutionen ihre Sicherheitsfunktion zunehmend als Quelle der Legitimation, etwa im Kontext der ausgerufenen „Sicherheitsunion“. Dies stellt im Gegenzug die Legitimität europäischer Sicherheitsinstitutionen zur Diskussion. Auf der einen Seite richten sich Bedenken hinsichtlich der Einhaltung von Menschen- und Bürgerrechten immer stärker auch an die EU, besonders sichtbar im Kontext der Vorratsdatenspeicherung, der Überwachung von Datenströmen oder dem Ausbau von FRONTEX. Auf der anderen Seite gibt es vermehrt Forderungen aus verschiedenen politischen Lagern, dass die EU ihre Rolle im Sicherheitsbereich ausbauen soll, oder, wie rechtspopulistische Gruppierungen betonen, dass die EU selbst zum Sicherheitsrisiko wird. Daraus ergibt sich die Frage, ob diese unterschiedlichen Tendenzen Anzeichen für eine breitere Politisierung sind, unter der das Projekt den Transfer zuvor nicht kontroverser oder nicht öffentlich behandelter Themen in den Bereich offener Entscheidungsfindung, öffentlicher Deliberation und gesellschaftlicher Kontestation versteht. Das Projekt hinterfragt traditionalistische und kritische Ansätze, die europäische Sicherheit entweder als besonderes Feld der high politics und Prärogative der Exekutive, als versicherheitlichtes Feld jenseits normaler Politik oder als technokratisches Mehrebenenregieren kennzeichnen, das sich einer Politisierung entzieht. Dieses Projekt verbindet aktuelle Debatten zur Politisierung europäischen und globalen Regierens mit der Forschung zu Versicherheitlichung (securitization), beleuchtet das spannungsreiche Verhältnis von Sicherheit und Politik und trägt zu einem besseren Verständnis der politischen Dynamiken im Feld europäischer Sicherheit bei.
Projektteam: Prof. Dr. Ulrich Scheckener, Sandra Wienand, M.A., Christoph König, Dipl.
Projektlaufzeit: 10/2012 - 06/2017
Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Das Forschungsprojekt geht der Frage nach, welche Beiträge Milizen zur Schaffung von Sicherheit (oder Unsicherheit) in von Gewaltkonflikten geprägten Gesellschaften leisten. Unter Milizen versteht das Projekt paramilitärisch organisierte Verbände, die je nach Kontext im konkreten „Auftrag“ oder unter Billigung dominierender Eliten, Vertretern des Staates bzw. bestimmter gesellschaftlicher Gruppierungen agieren, um die Interessen dieser Auftraggeber zu schützen und gegebenenfalls aktiv zu verteidigen. In der Regel zeichnet sich dieser Typus eines nichtstaatlichen Gewaltakteurs durch seine Orientierung am Status quo aus. Paradigmatische Fälle dafür sind die seit Jahrzehnten aktiven paramilitärischen Gruppierungen in Kolumbien - häufig im Auftrag des Staates oder wirtschaftlicher Eliten - sowie die vielen Kampfverbände im Libanon, welche im Namen diverser (Glaubens-) Gemeinschaften und politischer Bewegungen agieren.
Ausgehend von der Art des Auftrags untersucht das Projekt im ersten Analyseschritt, welche konkreten Aufgaben Milizen im Namen eines bestimmten Personenkreises übernehmen (Governance-Leistungen) und welche Mittel sie dazu verwenden. Auf dieser Grundlage geht das Projekt im zweiten Analyseschritt der Frage nach, wie sich die Bereitstellung von Sicherheit durch Milizen für die jeweilige Klientel auf die effektive und legitime Herstellung öffentlicher Sicherheit auswirkt. In beiden Schritten wird zudem analysiert, wie stark die Kontrolle der jeweiligen Auftraggeber über die Milizionäre ist und wie sich beobachtbare Kontrollverluste auswirken.