„Er [Konstantin] selbst schritt nun durch ihre Mitte wie ein himmlischer Engel Gottes und ließ seinen Mantel wie durch das Schimmern des Lichtes leuchtend erstrahlen […]. In der Seele aber war er offensichtlich mit der Furcht Gottes und Ehrfurcht geschmückt.“ (Eus. Vita Const. 3,10,3-4)
So beschreibt der Bischof Eusebios von Caeserea den Auftritt des Herrschers beim ersten christlichen Bischofskonzil vor 1700 Jahren, bei dem er selbst anwesend war. Der Kaiser hatte im Mai/Juni 325, nachdem er gerade erst ein Jahr zuvor Alleinherrscher des gesamten Imperiums geworden war, nach Iznik (Nicäa) in der heutigen Türkei eingeladen. Im Osten des Reiches gab es heftigen Streit unter den Christen über die Fragen des Ostertermins und die des Wesens Gottes bzw. Jesu. Mit dem Konzil versuchte der Kaiser die Einheit des Reiches auch religös zu festigen. Dabei stellt Eusebios es so, als sei der Kaiser ein Gesandter Gottes, der die Fäden fest in seinen Händen hielt. Doch der Schein trügt, denn tatsächlich ging es auch recht handgreiflich zu.
Konstantin hatte bereits durch seinen Sieg über seinen Mitkaiser Maxentius 312 die Herrschaft im Weströmischen Reich an sich gerissen und 324 den oströmischen Kaiser Licinius besieht, so dass er bis zu seinem Tod 337 allein Kaiser herrschte.
Nachdem die Christen in der Zeit der Tetrarchie wiederholt hart verfolgt worden waren, ging Konstantin einen deutlich anderen Weg und privilegiert 313 von Mailand aus zusammen mit seinem späteren Rivalen Licinius die Christen. Zuvor war die Verfolgung 311 durch Galerius, den Kaiser des Ostens, beendet worden.
Auch wenn Konstantin sich selbst nicht bis kurz vor seinem Tod taufen ließ, trat er während seiner Herrschaft immer wieder als Förderer des Christentums wie als Schlichter in christlichen Streitigkeiten auf. Für die Kirchengeschichte nimmt das Konzil dabei eine Schlüsselstellung ein.
Die Beratungsergebnisse wurden in einem allgemeingültigen christlichen Bekenntnis von Nicäa gebündelt. In diesem wurde die sogenannte Trinitätslehre, die Konstantin auf dem Konzil unterstützt hatte, als verbindliche Definition des Verhältnisses von Gott, Jesus und Heiligem Geist festgeschrieben und alle verdammt, die dieser Regelung nicht zustimmen konnten. Schon während des Konzils waren mehrere Vertreter, die das Bekenntnisdokument nicht unterzeichnen wollten, abgereist, oder gar zur Abreise gezwungen worden. Wer sich verweigerte, wurde nach Ende des Konzils vom Herrscher ins Exil geschickt. Ob Konstantin tatsächlich maßgeblichen Einfluss auf die theologischen Entscheidungen des Konzils hatte, bleibt in der Forschung umstritten.
Konstantins Wunsch die Kirche zu einen, erfüllte sich jedenfalls nicht, da das Konzil die Diskussionen nicht beendete. Der Kaiser selbst, der sich während des Konzils für die Trinitätslehre ausgesprochen hatte, wandte sich später eher Vertretern zu, die das Bekenntnis von Nicäa ablehnten und holte einige der Verbannten zurück. Auch verschiedene kirchliche Würdenträger, die das Bekenntnis unterzeichnet hatten, widerriefen es später, wie z.B. der Bischof Eusebius von Nikomedia, der Konstantin später wahrscheinlich taufte.
Somit verfehlte das Konzil von Nicäa letztendlich sein Ziel. In den folgenden Jahren kam es zu weiteren, teilweise gewalttätigen Auseinandersetzungen wie zu unterschiedlich politisch motivierten Positionierungen nachfolgender Kaiser. Erst das erste Konzil von Konstantinopel unter dem Kaiser Theodosius I. sollte im Jahre 381 mit dem Nicäno-Konstantinopolitanum („Großes Glaubensbekenntnis“) den Streit vorerst zugunsten der Trinitätslehre beilegen.
Kilian Hindersmann
Foto: KI-generiert