Jährlich feiern wir am zweiten Sonntag im Monat Mai den Muttertag. An diesem Tag treffen sich viele im Kreis der Familie, essen zusammen und überreichen den Müttern kleine Geschenke. Aber gab es auch in der Antike einen Feiertag zu Ehren der Mütter oder Frauen, die man mit unserem heutigen Muttertag vergleichen könnte?
Ein römisches Fest, bei dem Mütter eine wichtige Rolle spielten, waren die am 11. Juni gefeierten Matralia. Es wurde zu Ehren der Göttin Mater Matuta zelebriert. Mater Matuta war eine altitalische Göttin und für das Morgenlicht und die Geburt zuständig. Sie wurde vor allem von Frauen angebetet, weil die Morgenstunden, wie es der Historiker Theodor Mommsen hervorhebt, für eine Geburt als besonders glücksbringend gegolten hätten.
An den Matralia durfte aber nicht beide Elternteile oder gar die ganze Familie teilnehmen, sondern dem frühchristlichen Schriftsteller Tertullian zufolge nur Matronen, die noch in ihrer ersten Ehe gelebt hätten (matronae univirae). Jede Teilnehmerin sollte als Festgabe einen Kuchen in einem Tongefäß backen.
Sklavinnen waren von den Festlichkeiten ausgeschlossenen. Der Ausschluss ging sogar so weit, dass er jedes Jahr durch einen symbolischen Ritus, bei dem die Frauen eine Sklavin schlugen und aus dem Haus trieben, erneuert wurde.
Bei den Festlichkeiten beteten die Frauen nicht für ihre eigenen Kinder, sondern vor allem für die Kinder ihrer Schwestern, also als Tante mütterlicherseits (matertera). Die Historikerin Dorothea Baudy vergleicht diese Position mit unserem heutigen Patenschaftswesen und unterstreicht die Bedeutung dieser Feierlichkeiten für die sozialen Kontakte und Beziehungen der Teilnehmerinnen.
Damit legten die Matralia, obwohl sie grundlegend auch in den Bereich der Mutterschaft einzuordnen sind, einen ganz anderen Fokus als unser heutiger Muttertag.
Julia Grewe