Seleukos IV. gehört nicht zu den kriegerischsten Königen des Seleukidenreiches und war damit recht untypisch für diese Monarchen in den Nachfolgestaaten des Alexanderreichs. Allerdings waren seine finanziellen Handlungsspielräume aufgrund der Niederlage seines Vaters 189 v.Chr. gegen Rom auch äußerst beschränkt. Bei Seleukos’ Ermordung am 3. Sept. 175 v.Chr., im Jahr 137 nach seleukidischer Zählung, vor genau 2200 Jahren, schwang sich sein Mörder Heliodor zum Regenten des Reiches auf. Heliodor war durchaus königstreu: uns ist er vor allem bekannt für seinen gescheiterten Versuch den Jerusalemer Tempel im Auftrag von Seleukos zu beschlagnahmen (2 Makk. 3,4–40). Um das Reich zu regieren, ließ er sich zum Vormund des einzigen vor Ort in Antiochia verfügbaren Königssohns, machen. Der Knabe Antiochos war gerade mal fünf Jahre alt. Allerdings hatte Heliodor die Rechnung ohne die Königin gemacht. Laodike IV., die Witwe des Seleukos, und wohl auch die Schwester ihres Mannes und nicht ohne Prominenz in dessen Herrschaft, war sie doch die erste Seleukidenkönigin auf Münzen, ließ nun selbst Goldmünzen ausgeben, die sie mit ihrem Sohn auf der Vorderseite zeigten. Diese Octadrachmen sind überaus rar und machen unmissverständlich deutlich, dass die Königin, die im Vordergrund mit Diadem und einem Schleier abgebildet ist, die Regentschaft beanspruchte. Vorbilder dürften die Regentschaften ihrer Schwester Kleopatra I. über Ägypten fünf Jahre zuvor sowie ihrer gemeinsamen Großmutter Laodike I. gewesen sein, die sogar in einen Krieg um die Nachfolge nach dem Tod ihres Mannes eingetreten war, der schon im Altertum Laodike-Krieg hieß. Unsere Laodike muss dem Mörder Heliodor, der ein wichtiger Funktionär des Reiches war, wie nicht zuletzt aus der erst in den 2000er Jahren in Israel gefundenen Stele (SEG 57, 1838 und SEG 65,1640) hervorgeht, lange auch vertraut haben. 178 v. Chr. hatte er ihre Tochter auf dem großen Brautzug nach Makedonien begleitet (Cotton/Wörrle 2007). Das Blatt sollte sich nochmals wenden, als nur wenige Wochen nach dem Mord am König der jüngere Bruder des Ermordeten erschien und die Witwe Laodike IV. heiratete, um kurzzeitig mit dem kleinen Antiochos zu herrschen. Wir können diesen Vorgang auf zweierlei Weise lesen, die Königin rief ihn herbei, um die Herrschaft ihres Sohnes zu sichern, was langfristig nicht gelang oder die Königin war aufgrund ihres Prestiges unverzichtbar, um die seleukidische Herrschaft zu übernehmen, garantierte also den Machttransfer an den Seleukiden. Ohne Zweifel legitimierte sich der neue König, Antiochos IV., über diese Heirat mit seiner Schwester, zumal er jahrelang in römischer Geiselhaft verbracht hatte und kaum über genügend lokale Unterstützung verfügt haben wird. Die Könige von Pergamon halfen ihm, Heliodor militärisch zu vertreiben ( Kunst 2021). Sollte er irgendwelche Versprechungen gemacht haben, was die Nachfolge anbelangt, so hielt er sie nicht ein, denn nachdem die Königswitwe und Schwester Laodike ihm einen eigenen Sohn geboren hatte, ließ er seinen Neffen ermorden (Diod. 30,7,2).
Christiane Kunst
Bild: KI-generiert
Literatur: Cotton, Hannah M.; Wörrle, Michael (2007). "Seleukos IV to Heliodoros. A New Dossier of Royal Correspondence from Israel". Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik. 159: 191–205.