Am 24.10.2025 ging es für Studierende des Historischen Seminars unter der Leitung von Linn Eckhof und Marcel Lewerentz auf eine Exkursion nach Paderborn. Die Anreise mit der Bahn gestaltete sich durch einen abziehenden Sturm und einen Feueralarm Osnabrücker Hauptbahnhof zunächst als etwas komplizierter. Dennoch erreichten wir das LWL-Museum in der Kaiserpfalz Paderborn nur leicht verspätet. In diesem Museum findet vom 16. Mai 2025 bis 01. März 2026 die Sonderausstellung „775-Westfalen. Die Ausstellung“ statt. Hier folgen die Besucher*innen einem Wanderpfad durch die wechselvolle Geschichte Westfalens. Neben herausgehobenen Persönlichkeiten Westfalens, wie Widukind oder der Fürstin Pauline zur Lippe, werden auch verschiedene Gebietsverschiebungen und territorialen Veränderungen betrachtet. Die Ausstellung will darstellen, wie sich die Bedeutung des Wortes ´Westfalen´ in seiner Bedeutung wandelte und zu welcher Zeit welches Gebiet damit gemeint war. Unsere Gruppe erhielt eine Führung von Frau Weidemann durch die Sonderausstellung „775-Westfalen“. Die Gestaltung ist insgesamt sehr naturnah und erinnert an einen Wanderweg und Natureindrücke durch Mooskissen und Blumenarrangements am Wegesrand. Auch die Klangkulisse mit Vogelstimmen, Blätterrauschen sowie der Einsatz von vielen Grün- und Brauntönen und Holz in der Gestaltung verstärken diesen Effekt. Die Ausstellung ist chronologisch aufgebaut und beginnt zur Zeit der ersten namentlichen Erwähnung Westfalens in 775 n. Chr. Ein kleiner Sonderbereich zeigt, dass es bereits davor kein unbekanntes und in Teilen wohl bereits christianisiertes Gebiet war. So wurden beispielsweise Reste eines Glockengusses für eine Kirche ausgegraben, die aus einer Zeit vor den offiziellen Christianisierungsbemühungen in Westfalen stammten. Eine immer wiederkehrende Figur in der Ausstellung ist Widukind. Dieser wird im Laufe der Jahrhunderte wiederholt zu einer Identifikationsfigur für die Menschen in Westfalen. Er lebte Ende des 8. Jahrhunderts, im 10. Jahrhundert entsteht ein erster Kult um ihn und man errichtet ihm ein prächtiges Grabmal. Im 19. Jahrhundert findet er Eingang in das sogenannte Westfalenlied sowie in die Überhöhung der Germanenvölker in den folgenden nationalen Bestrebungen des zwanzigsten Jahrhunderts.
Ein weiterer Schwerpunkt, den Frau Weidemann setzt, ist die Bildung in Westfalen, trotz seiner Abgelegenheit. So ist für das 9. Jahrhundert eine Gründungswelle, vor allem von Frauenklöstern, belegt, welche auch dem Kulturtransfer dienten. Im Kloster Meschede nutzte man beispielsweise die antike Technik der Schalltöpfe um die Akustik im Kirchenraum zu verbessern. Originale Töpfe aber auch nachempfundene Töpfe sind in der Ausstellung zu sehen. Bei den Nachbauten ist es möglich, ihre Wirkung auf den Schall und die Akustik auszuprobieren. Dies ist Teil des pädagogischen Konzeptes für Kinder in der Ausstellung. Die Ausstellung bietet weitere interaktive Stationen für Kinder an. Es gibt beispielsweise auch die Möglichkeit, ein Siegel zu prägen, ein Mosaik zu legen oder verschiedene interaktive Angebote zum Hören und Betrachten.
Frau Weidemann geht auch auf Werner Rohlfink ein. Er war Kathäuser in Köln und stammte aus Westfalen. 1478 veröffentlichte er eine erste ausführliche Geschichte über Westfalen, die in der Ausstellung als frühe Druckausgabe zu sehen ist. In seiner Geschichte geht er vor allem auf verschiedene Klischees über die Westfalen ein und versucht diese zu widerlegen. Ähnliche Klischees lassen sich auch in einem Briefwechsel zwischen Voltaire und Friedrich II. finden, als diese über Westfalen schrieben. Man kann also davon ausgehen, dass Rohlfinks Werk das Ansehen der Westfalen nicht nachhaltig verbessern konnte.
Nach dem Besuch im Museum folgte eine kurze Reflexion in der Gruppe. Hierbei fiel uns neben der ungewöhnlichen, naturnahen Gestaltung vor allem auch die Informationsdichte der Führung positiv auf. Die fast zwei Stunden dauernde Führung verging überraschend schnell. Die Zeit alleine in der Ausstellung hatten viele genutzt um die interaktiven Bereiche auszuprobieren. Nach der Reflexion folgte eine Mittagspause. Danach trafen wir uns wieder an der Kaiserpfalz für eine Stadtführung. Die Stadtführung leitete Herr Dr. Michael Drewniok an. Mit einer Mischung aus unterhaltsamen Anekdoten und geschichtlichem Wissen führte er uns durch die Altstadt und den Dom von Paderborn.
Gleich zu Beginn ist ihm besonders wichtig zu betonen, dass Paderborn immer katholisch war und dies auch in Zeiten der Reformation blieb. Dies beeinflusste die Stadt in ihrer Geschichte und auch bis heute. So sammelt der Dom noch heute Reliquien, die letzte kam 2017 hinzu und gehörte zu Papst Johannes Paul II. Der geistliche Stadtherr Diedrich IV, der „Protestantenschreck“, trug im 17. Jahrhundert dazu bei, dass die Stadt und das umliegende Gebiet katholisch blieben. Er setzte sich selbst ein Memorial im Dom, das die Bombenangriffe während des Zweiten Weltkrieges auf Paderborn überstand. Somit kann es heute noch dort besichtigt werden. Neben ihm zeigt es auch mehrere Persönlichkeiten der Stadt wie Kaiser Karl V. In Verbindung mit dem Dom gibt es zwei wichtige Symbole zu nennen: Zum einen das alte Stadtwappen, welches 3 Hasen zeigt. Dazu nannte uns Herr Drewniok den passenden Spruch „Der Hasen und der Löffel drei, und doch hat jeder Hase zwei.“ Dieses Symbol wurde im Laufe der Zeit auf die Dreifaltigkeit umgemünzt, daher findet sich ein Fenster mit diesem Symbol auch am Dom. Zum anderen, als weiteres wichtiges Symbol, ist der Pfau zu erwähnen. Dieser wird mit dem Stadtheiligen Liborius, dessen Reliquie im Dom aufbewahrt wird, in Verbindung gebracht. Bei der Überführung des westfranzösischen Heiligen soll der Prozession ein Pfau vorangegangen sein. Bei der Weihe des Doms habe er auf der Kirchturmspritze gesessen und sei nach der Weihe tot heruntergefallen. Der Pfau wurde so zum Symbol für den Stadtheiligen Liborius. Dem Heiligen wird noch heute in einem 9 Tage dauernden Liborius-Fest gedacht. Ein weiterer wichtiger Einfluss auf die Stadt war die Pader beziehungsweise ihre sechs Arme, die sich erst hinter Paderborn zur Pader vereinigen. Die Paderarme wurden lange für wasserbetriebene Mühlen genutzt, zwanzig Mühlen kann man historisch nachweisen. Das Wasser wurde außerdem in kleinen Becken gesammelt, die in der Nähe der ehemaligen Stadttore liegen. Dort wurden früher Pferde getränkt und Kutschen gewaschen. Bis in die 1970er Jahre hinein habe man dort sein Auto waschen können. Dann wurde dies mit Blick auf die Umwelt verboten. In dem Becken, welches wir besichtigten, befindet sich zurzeit eine Kunstinstallation. Unsere Führung endete auf dem Rathausplatz. Dort verwies Herr Dr. Drewniok auf das Rathaus und das erste Universitätsgebäude. Beide Bauten haben ihren Ursprung im 17. Jahrhundert und wurden in Konkurrenz zueinander errichtet. Die Bürger wollten die geistliche Universität mit ihrem Rathausbau übertreffen. Abschließend gingen wir vom Rathausplatz entlang der Fußgängerzone bis zum „Heisingschen Haus“. Das Haus stammt vermutlich aus den 1580er Jahren und überstand die genannten Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg. Aktuell wird die Fassade von massiven Stahlträgern gestützt. Nur die Außenwände des Gebäudes werden erhalten. Im Inneren und hinter dem „Heisingschen Haus“ entsteht das Neue Stadthaus der Stadt Paderborn. Nach dieser letzten Station verabschiedete sich Herr Dr. Drewniok von unserer Gruppe. Nach einem kurzen Abschlussgespräch traten wir den Rückweg nach Osnabrück an.