Thema des Monats Dezember 2025: Merry X-Mas! – Warum eigentlich? Christliche Symbolik in Antike und Gegenwart

© Friedrich W. Brüggemann

In Deutschland weihnachtet es wieder sehr. Wenn wir im Dezember durch die Straßen laufen, begegnen uns unweigerlich Sterne, Krippen, Tannenbäume und natürlich jede Menge Werbung. Immer öfter inzwischen auch das Wort „X-Mas“. Anders als zu vermuten ist das keinesfalls einfach eine „coolere“ Version für „Christmas“, sondern das X folgt einer fast zweitausendjährigen Tradition.

Zu Beginn des 1. und 2. Jahrhunderts n. Chr. war das Christentum im Römischen Reich noch eine kleine, oft misstrauisch betrachtete Bewegung. Christ:innen trafen sich in Hausgemeinden, litten zeitweise unter lokaler oder reichsweiter Verfolgung. Sie galten bei altgläubigen Römer:innen als gesellschaftlich „sonderbar“ – nicht zuletzt, weil sie sich weigerten, den traditionellen Staatskulten, z. B. dem Kaiserkult, zu opfern. Das frühe Christentum bewegte sich also zwischen Toleranz, Ignoranz und punktuellem Druck – eine reichsweit anerkannte Religion war es aber keineswegs.

Aus dieser Situation erklärt sich auch die Symbolwahl der frühen Gemeinden. Statt auffälliger Darstellungen, wie wir beispielsweise heute Kreuze kennen, nutzte man dezente Zeichen: den Fisch (griechisch: ἰχθύς – Ichthys), dessen Buchstaben zugleich ein kurzes Glaubensbekenntnis bildeten (Iēsous Christos Theou [H]uios Sōtēr – Jesus Christus, Gottes Sohn, Retter), oder das sogenannte Christogramm, gebildet aus den griechischen Buchstaben Χ (Chi) und Ρ (Rho), den Anfangsbuchstaben von Χριστός – Christos. Diese Symbole waren identitätsstiftend, aber unaufdringlich – ein subtiler Code in einer Welt, in der die Bewegung noch keinen offiziellen Status besaß.

Das änderte sich grundlegend mit Konstantin dem Großen. Als erster römischer Kaiser, der dem Christentum offen positiv gegenüberstand, griff er das Chi-Rho auf und nutzte es zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt als Symbol auf seinen Feldzeichen. 337 n.Chr. erscheint dieses labarum auf einem Follis, einer Kupfermünze. Ob man die berühmte Vision vor der Schlacht an der  Milvischen Brücke wörtlich nimmt („In diesem Zeichen wirst du siegen“) oder als spätere Legitimationsgeschichte versteht: Konstantins Politik gegenüber dem Christemtum ist eindeutig. Das Toleranzedikt von 313 n. Chr. schuf Freiräume für die Kirche und leitete einen Prozess ein, in dem das Christentum vom Randphänomen zur tragenden Säule des Reichs wurde. Gleichzeitig begann Konstantin bestehende Festzeiten zu strukturieren oder umzudeuten. Dazu gehört die Einführung der Sonntagsruhe. Spätere Entwicklungen – wie die Festlegung eines Feiertags zur Geburt Christi im Dezember – knüpften an andere römische Feste an und fügten sich in ein politisch wie religiös neu geordnetes Jahresgefüge.

Und hier schließt sich der Kreis: Das frühchristliche und von Konstantin verbreitete Chi-Rho wirkt bis heute nach. Auch wenn das Rho (P) im Laufe der Zeit wegfiel, blieb die Bedeutung erhalten – das Chi (X) dient weiterhin als Zeichen für Christus. Die Schreibweise „X-Mas“ ist daher keine moderne „coole“ Abkürzung, sondern ein fernes Echo antiker christlicher Symbolik.

In diesem Sinne wünscht die Abteilung für Alte Geschichte und Archäologie allen Leser:innen eine schöne Vorweihnachtszeit sowie erholsame und besinnliche Feiertage – ganz gleich, wie und ob Sie diese Zeit traditionsgebunden feiern.

 

Friedrich W. Brüggemann

 

Bildnachweis:

Fisch:  https://de.wikipedia.org/wiki/Fisch_(Christentum)

Münze: RIC VIII Treveri 30 – numismatics.org/ocre/id/ric.8.tri.30