Exkursion nach Lüneburg am 11.-12.11.2024

Das Salz der Bibeln

Im Rahmen einer zweitägigen Exkursion besuchte die Frühe Neuzeit mit einer Gruppe Studierender Mitte November die Hansestadt Lüneburg. Ein Bericht von Laura Engelke und Alice Mense.

Nach der Anreise per Zug sind wir mit leichter Verspätung im schönen, verregneten Lüneburg angekommen, wohin uns die Exkursion zum Thema Bilder! - Das Salz der Bibeln verschlagen hat. Damit wir pünktlich mit dem Programm starten konnten, gab es für uns nach dem Bezug des Hostels eine schnelle Stärkung. Die Stadtführung war der erste Programmpunkt unserer Exkursion und startete an der Johanniskirche. Mit dem Erscheinen unseres stadtkundigen Guides, dem ehemaligen Stadtarchäologen Edgar Ring, ging es auch direkt los und uns wurde eröffnet, dass wir gerade nicht nur vor der ältesten Kirche Lüneburgs, sondern auch vor dem zweithöchsten – wenn auch schiefen – Kirchturm Niedersachsens standen. Die Johanniskirche wurde nämlich zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert mit verschiedenen Erweiterungen erbaut. Sie ist ein Bauwerk von norddeutscher Backsteingotik und neben dem Äußeren wurde uns ebenfalls nahegelegt, die historische Innenausstattung mit einem historischen Schnitzaltar und beeindruckenden Orgeln zu bewundern. Unser Weg führte uns nun von der Kirche in Richtung des großen Platzes Am Sande

Auf dem Weg über den Platz Am Sande konnten wir viele Bauwerke der beeindruckenden Architektur bewundern und lernten, dass er als Handelsplatz für Waren, unter anderem auch Salz, genutzt wurde. Bezüglich des Salzes mussten wir uns an dieser Stelle noch ein wenig gedulden. Unser Weg führte uns vor das Gebäude der Handelskammer, wo exemplarisch verschiedene Aspekte der Architektur hervorgehoben wurden, und dann weiter durch die Heiligengeiststraße. Nach einem Zwischenstopp gegenüber dem ehemaligen Spital fanden wir uns auf dem Lambertiplatz ein. Dort ging es endlich ans „Eingesalzene“. 

Versammelt lauschten wir unserem Stadtführer, der uns die Geschichte der Saline eröffnete. Um das Jahr 800 hat man das Salzvorkommen einer Sage nach entdeckt, nachdem ein Jäger eine weiße Sau erlegt habe, welche sich in einer Salzquelle gesuhlt habe. Die Salzgewinnung in Lüneburg bestimmte seit dem zwölften Jahrhundert das Leben in der Stadt. Durch ihre wirtschaftliche Bedeutung erbrachte die Saline einen Beitrag zur Förderung von Bildung und Kultur in der Stadt. Als Archäologe besonders informiert, erklärte uns unser Stadtführer ebenfalls die Ausgrabungen zur Saline, welche am Lambertiplatz stattgefunden haben. Die Saline selbst war von starken Mauern mit Türmen umgeben und ihr Haupttor verlief entlang des Lambertiplatzes. Das Leben in der Stadt hat die Saline aber nicht nur durch ihren wirtschaftlichen Beitrag geprägt. Durch den Soleabbau kam es zu Absenkungen des Bodes. Seit ungefähr dem frühen neunzehnten Jahrhundert wurden die Absenkungen durch den Salzabbau zu einem Problem für die Bewohner der Stadt und die Gebäude im Senkungsgebiet. Die Lambertikirche musste aus diesem Grund zum Abbruch freigegeben werden. Obwohl das Senkungsgebiet seit dem Ende des zweiten Weltkrieges unter Beobachtung steht, wurde die Saline bis 1980 weiter zum Zwecke der Salzgewinnung genutzt. Die Absenkung am Lambertiplatz stellt zwar die stärkste Absenkung in ganz Lüneburg dar, doch die Straße in die westliche Altstadt fühlte sich ebenfalls nach einem ordentlichen Gefälle an. Dies liegt vermutlich daran, dass die westliche Altstadt im Senkungsgebiet liegt und diese auch aktuell noch jährlich weiter absinkt. Die westliche Altstadt wird von den Lüneburgern auch als die „richtige Altstadt“ bezeichnet, weshalb diese gemeint ist, wenn sie von der Altstadt sprechen.

In der Altstadt wurden wir zur Kirche Sankt Michaelis geführt. Hier lernten wir, dass die Mönche des Klosters an der Verwaltung der Saline beteiligt waren. Neben den stadtgeschichtlichen Informationen erfuhren wir ebenfalls, dass Johann Sebastian Bach ein Schüler an der Michaelisschule war und im Knabenchor der dazugehörigen Kirche, vor der wir standen, sang. An dieser Stelle konnten wir ebenfalls einen Blick hineinwerfen und ein Foto von einer der schönsten Straße Lüneburgs, Auf dem Meere, machen. Durch die Verbindungen unseres Stadtführers hatten wir die Möglichkeit ganz spontan einen Blick in das historische – und noch heute genutzte – Rathaus zu werfen und kamen aus dem Staunen kaum noch heraus. Die historischen Räume machen dieses Rathaus zu einem der herausragendsten Baudenkmäler Norddeutschlands und dem größten mittelalterlichen Rathaus im Norden. Der Bau wurde um 1230 begonnen und über die Jahrhunderte umgebaut und erweitert. Die mehrere Jahrhunderte andauernde Baugeschichte ermöglicht es heute im gesamten Gebäude Spuren verschiedener Epochen zu entdecken. Zuerst führte unsere Tour in die Gerichtslaube, wo wir Malereien und Bleiglasfenster bewundern konnten. Anschließend konnten wir in der großen Ratsstube Holzschnitzereien und ergänzende Gemälde sehen, die den Raum zu einem Meisterwerk der Renaissance machen. Zum Abschluss suchten wir den Fürstensaal auf, in dem die Lüneburger Fürsten mit ihren Frauen an die Wände und Decke gemalt sind, sowie die Kurfürsten des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Bei diesem Saal kann man über die Positionierung der gemalten Personen und den Symbolismus dahinter diskutieren. Hier bedankten und verabschiedeten wir uns von unserem Stadtführer, der uns die Stadt mit ihren historischen Eigenheiten nähergebracht hat. 

Zum Abschluss unseres ersten Exkursionstages ging es zu einem Bibliotheksbesuch in die Ratsbücherei. Mit einem Alter von mehr als 600 Jahren zählt diese zu den ältesten Bibliotheken Deutschlands. Ihre Ursprünge gehen, wie der Name schon vermuten lässt, auf die Bibliothek des Rates mit ihrem Standort im Rathaus zurück. Nachdem das Franziskanerkloster im Zuge der Reformation aufgelöst wurde, wurde die Ratsbibliothek mit der Klosterbibliothek vereint. Heute ist es eine moderne Stadtbibliothek mit drei Standorten und einem großen Angebot. Wir haben uns allerdings nur in dem Standort direkt am Rathaus umgesehen, da dort noch ein besonderes Highlight auf uns wartete.  In dem Archiv konnten wir den Altbestand an Büchern begutachten, wobei der Fokus auf der neu erworbenen Bibelsammlung und verschiedenen historischen Drucken, entsprechend dem Fokus unserer Exkursion, lag. Im ersten Teil des Archivs wurden uns Klosterhandschriften von theologischen und kirchengeschichtlichen Texten gezeigt. Ebenfalls gab es dort die Bestände des Rates aus der Hansestadtzeit Lüneburgs, unter anderem juristische Texte. Leider gingen bei einer Brandstiftung im Dezember 1959 einige alte Drucke verloren. Ein ganz besonderes Werk war einer der Lüneburger Sachsenspiegel, in dem wir selbst blättern durften. Die Bibelsammlung der Stadtbibliothek ist so neu, dass diese zum Teil noch nicht fertig katalogisiert ist. In dieser Sammlung gibt es sowohl Bibeln, die kleiner als eine Handfläche, und solche, die höher als Unterarm und dicker als eine Hand sind. Einige von diesen haben besonders interessante Bilddrucke, die uns bereits auf den geplanten Museumsbesuch am folgenden Tag eingestimmt haben. Im zweiten Teil des Archivs wurden uns noch einige weitere Kunstdrucke aus verschiedenen historischen Büchern präsentiert. Nach diesem lehrreichen ersten Exkursionstag endete das Programm des ersten Tages und die Gruppe zerstreute sich, auf der Suche nach Speis und Trank. 

Am Dienstag, dem zweiten und letzten Tag unserer Exkursion nach Lüneburg, ging es für uns in das Museum Lüneburg. Dort bekamen wir zunächst eine Führung von der Leiterin des Museums, Heike Düselder, durch die Dauerausstellung. Das Museum ist regional verwurzelt und in verschiedenen Räumen wird die Kultur- und Naturgeschichte der Stadt und Region Lüneburgs interdisziplinär präsentiert. Die Ausstellung führt vom Erdaltertum bis in das 21. Jahrhundert und beleuchtet sowohl die archäologische, historische und naturkundliche Perspektive. Unsere Museumsführerin hat uns als Geschichtsstudierenden zudem wertvolle Einblicke in die museumspädagogischen und organisatorischen Gedanken gegeben, die für das Erstellen einer Ausstellung wichtig sind. Besonders interessant fanden wir, wie verschiedene Aspekte der Stadtgeschichte, über die wir am Tag zuvor auf der Stadtführung gehört hatten, durch das Museum aufgearbeitet worden sind. Ebenfalls war es spannend zu sehen, wie die verschiedenen Disziplinen, die bei der Museumsgestaltung mitgedacht wurden, ein schlüssiges Gesamtbild über die Region und die Stadtgeschichte bieten und für verschiedene Interessenschwerpunkte attraktive Bildungschancen bieten.

Im Anschluss an diese erkenntnisreiche Führung widmeten wir uns der Sonderausstellung zum Thema „Bilder! Das Salz der Bibeln“, dem übergeordneten Thema unserer Exkursion. Die Ausstellung gibt es im Stadtmuseum noch bis zum 30. März 2025 anlässlich des 400-jährigen Jubiläums des Buchdrucks in Lüneburg. Besonders die von den Brüdern Heinrich und Johann Stern gegründete Druckerei ist hier erwähnenswert, da sie sich auf Bibeldrucke spezialisierte und in diesem Feld eine zentrale Rolle einnahm. Bibeln aus dieser Druckerei wurden in ganz Nordeuropa verkauft und gehörten mit dem Salz zu den wichtigsten Handelsgütern der Stadt Lüneburg. Die Stern’schen Bibeln beinhalteten oft Kupferstiche und Holzschnitte, weswegen viele verschiedene Bibelvarianten existierten. Die Bilder in den Bibeln waren wichtig, um eine breite Leserschaft anzuziehen und sich von der Konkurrenz des Bibeldrucks abzuheben. Wir durften durch die Sonderausstellung viele gut erhaltene Bibeldrucke, Vorzeichnungen von Kupferstichen und Druckformen der Holzschnitte bewundern.

Der letzte Programmpunkt unserer zweitägigen Exkursion nach Lüneburg führte uns in die ebenfalls im Museum gelegene Erlebnisdruckerei. Dort durften wir selbst Hand anlegen und unsere eigenen Drucke anfertigen. Mit eigenen Augen zu sehen, wie die Bücher gedruckt wurden und wie viel Zeit und Aufwand damit verbunden waren, und es sogar selbstständig an einer Seite auszuprobieren, war ein Highlight der Exkursion. Es war gar nicht so einfach, einen flächendeckenden und guten Druck zu schaffen, denn man konnte erst am Ende sehen, ob man wirklich jede Stelle der Druckform mit Farbe versehen hatte.

Exkursionsbericht: Laura Engelke und Alice Mense
Fotos: Laura Engelke, Alice Mense und Torben Tschiedel

Das Bild zeigt eine Gruppe von Menschen, die warm eingepackt vor dem Eingang des Museums Lüneburg stehen und lächeln.
© Torben Tschiedel
Die Exkursionsgruppe der Frühen Neuzeit in Lüneburg
Das Bild zeigt eine große Backsteinkirche mit hohem Turm und Uhr, umgeben von historischen Gebäuden und Menschen mit Regenschirmen auf nassem Kopfsteinpflaster.
© Laura Engelke/Alice Mense
Die St. Johanniskirche
Das Bild zeigt den Innenraum eines historischen Gebäudes mit einer aufwendig bemalten Decke und farbenfrohen, verzierten Buntglasfenstern.
© Laura Engelke/Alice Mense
Die Große Ratsstube im Rathaus Lüneburg
Das Bild zeigt ein aufgeschlagenes altes Buch mit handgeschriebenem Text, verziert mit roten Initialen und einem dekorativen Medaillon.
© Laura Engelke/Alice Mense
Die erste Seite des Sachsenspiegels aus der Ratsbibliothek
Das Bild zeigt ein altes, aufgeschlagenes Buch mit der Aufschrift "Lüneburg," gedruckt im Jahr 1624, in einem gläsernen Schaukasten.
© Laura Engelke/Alice Mense
Eine Bibel aus der Druckerei Stern in Lüneburg