Tagesexkursion in die Herrenhäuser Gärten am 16.06.2023

Am 16.06.2023 besichtigten 20 Studierende der Frühen Neuzeit und zwei studentische Hilfskräfte unter der Leitung von  Marcel Lewerentz und  Torben Tschiedel bei strahlendem Wetter in einer Tagesexkursion die Herrenhäuser Gärten. Pünktlich um viertel nach neun begaben sich die Teilnehmer:innen mit dem Zug vom Osnabrücker Hauptbahnhof Richtung Hannover, von wo aus die Fahrt mit der S-Bahn zu den Herrenhäuser Gärten fortgesetzt wurde. Dort angekommen, erhielten wir in einer sehr spannenden neunzig-minütigen Führung von Frau Sczeponik durch den Großen Garten viele Hintergrundinformationen zur Geschichte der Welfen, zu den verschiedenen Pflanzen sowie den historischen Funktionen und zur architektonischen Gestaltung der Anlage. Dabei lag der Fokus aufgrund der Gesamtgröße des Gartens von ca. 50 Hektar auf dem Barockgarten in der Nähe des Galeriegebäudes.

Der Große Garten zählt zu den bedeutendsten Barockgärten Deutschlands. Seine Geschichte ist untrennbar mit der Geschichte der Welfen verbunden. Ursprünglich diente die Gartenanlage dem Leineschloss als Versorgungshof für Obst und Gemüse. Herzog Johann Friedrich ließ unmittelbar nach seinem Amtsantritt 1665 den Hof zu einer Sommerresidenz ausbauen. Unter der Regentschaft von Kurfürst Ernst-August von Braunschweig-Lüneburg und seiner Gemahlin Sophie wurden das Schloss und der Große Garten erweitert. Das Projekt wurde jedoch federführend auf Initiative von Sophie umgesetzt. Da sie in den Niederlanden auswuchs, diente ihr die niederländische Gartenkunst als Inspiration. Allerdings sind ebenfalls Einflüsse aus Italien und Frankreich erkennbar. Nachdem das Leineschloss nicht mehr als repräsentativ galt, errichteten Ernst-August und Sophie 1694 ein Galeriegebäude. Als Symbole für die Kurwürde verzierten ein Kreuz sowie die Initialen S und E.A. die schmuckvolle Außenfassade.

Um die höfische Gesellschaft zu unterhalten, durfte auf dem großen und prächtigen Gelände selbstverständlich ein Heckentheater nicht fehlen. Es bot bis zu 500 Personen Platz. Je nach finanzieller Lage des Hofes traten dort entweder engagierte Schauspieler oder behelfsweise Bedienstete auf. Gelegentlich übernahm sogar der Kurfürst eine kleinere Rolle in einem Stück. Nachdem sich leider keiner der Teilnehmer:innen dazu überreden lassen konnte, während unserer Führung selbst die Bühne zu betreten, genossen alle den Blick auf die Bühne. Wie wir durch Frau Sczeponik erfahren durften, sind von den 27 vergoldeten Bleistatuen 17 im Originalzustand erhalten geblieben. Generell wurde seitens der Stadt Hannover Verantwortlichen versucht, das Heckentheater durch entsprechende Bepflanzung mit Hainbuchenhecken, Buchsbaum und Lindenbäumen möglichst originalgetreu wiederherzustellen.

Im Anschluss daran führte uns der Weg in südliche Richtung, vorbei an den Schwanenteichen (leider ohne Schwäne) hin zu den Sondergärten. Dort hatten alle Teilnehmer:innen die Möglichkeit, sich vier Sondergärten, den Rasengarten, den Rokokogarten, den Barockgarten und den Niederdeutschen Rosengarten, genauer anzusehen. Dabei stach der Rosengarten durch seine Farbenvielfalt besonders heraus und wir konnten einen guten Eindruck der verschiedenen Stile gewinnen. Sehen und gesehen werden, war früher das Motto. Um sich der Gesellschaft als Regent angemessen zu zeigen und seine Macht zu demonstrieren, wurde eine Aussichtsplattform errichtet, auf die wir uns ebenfalls begeben haben. Von dort aus konnte man ebenfalls den Irrgarten sehen, den einige Studierende später erkundeten. Zum Glück ging dabei niemand verloren.In der Grotte, die nicht nur früher der höfischen Gesellschaft, sondern auch uns heute beim warmen Wetter eine angenehme Abkühlung verschaffte, konnten wir uns kurz von der Hitze erholen. Einige Zeit wurde die Grote achtlos als Abstellkammer verwendet, bis sie von der französischen Künstlerin Niki de Saint Phalle zwischen 2000 und 2002 umgestaltet wurde. Das Innere der Grotte kleidete de Saint Phalle mit kunstvollen Mosaiken und modernen Statuen aus. Die Führung endete kurz darauf vor der Großen Kaskade, einem künstlich angelegten Wasserfall. In der Kaskade sind Muscheln und Schnecken verarbeitet und in zwei Nischen befinden sich Statuen der Göttinnen Venus und Leda.

Der Rest des Tages stand uns zur freien Verfügung. Einige besuchten das anliegende Schlossmuseum, andere schlenderten durch die vielen Gärten. Dabei konnten letztere die große Fontäne im hinteren Teil des Gartens bestaunen, die heute bei Windstille eine Höhe von 72 m erreichen kann. In den 1720er-Jahren erreichte die Fontane zwar “nur” 36 m, übertrumpfte damit dennoch die Fontänen von Versailles. Eine weitere Besonderheit des Gartens ist die Statue von Kurfürstin Sophie, die als einzige im gesamten Garten aus Marmor besteht und an der Stelle steht, an der Sophie gestorben sein soll.

Dann war es auch schon Zeit, nach Osnabrück zurückzukehren und wir begaben uns zum Hannoveraner Hauptbahnhof. Während der gesamten Fahrt kam es bereits zum regen Austausch zwischen den Studierenden. Dabei wurde unter anderem hervorgehoben, wie glücklich wir uns schätzen können, dass die Herrenhäuser Gärten in diesem Zustand heutzutage noch vorhanden sind. Denn im Gegensatz zu anderen Gärten aus der Zeit wurden die Gärten nicht im Stil der englischen Landschaftsgärten umgestaltet. Insgesamt fand die Veranstaltung bei allen Teilnehmenden positiven Anklang und bot einen neuen Einblick in die Herrscherrepräsentation in der Frühen Neuzeit.

Exkursionsbericht: Katharina Kosubek und Sarah Rickmann
Fotos: Marcel Lewerentz und Sarah Rickmann

Das Bild zeigt eine Gruppe von Menschen, die auf einem Kiesweg in einem Garten stehen und in die Kamera lächeln, umgeben von Bäumen und Statuen.
© Marcel Lewerentz
Die Exkursionsgruppe der Frühen Neuzeit in den Herrenhäuser Gärten in Hannover
Das Bild zeigt eine weiße Marmorstatue von Sophie, Kurfürstin von Hannover, die auf einem Thron sitzt, vor einer grünen Hecke.
© Sarah Rickmann
Marmorstatue der Kurfürstin Sophie von der Pfalz
Das Bild zeigt einen großen Springbrunnen vor einem eleganten weißen Gebäude mit Palmen und einem weitläufigen Garten bei bewölktem Himmel.
© Marcel Lewerentz
Schloss Herrenhausen
Das Bild zeigt einen prächtigen, barocken Garten mit Brunnen, kunstvoll geschnittenen Büschen und gepflegten Blumenbeeten unter einem wolkigen Himmel.
© Sarah Rickmann
Die Glockenfontäne im Großen Garten