037/2025
Hautkrebs als Berufskrankheit

Prof. John Organisator eines internationalen Kongresses

Bereits zum vierten Mal tagte am 4. April der Multi-Stakeholder Summit on Occupational Skin Cancer. Der Dermatologe Prof. Dr. Swen Malte John von der Universität Osnabrück organisierte die Veranstaltung.

Der Kongress fand diesmal in Athen im Rahmen des 21. European Association of Dermato-Oncology (EADO) Congress und 11. World Congress of Melanoma statt. Eines der Ergebnisse: „Der Kampf gegen Hautkrebs im beruflichen Kontext steht an einem entscheidenden Wendepunkt“, so Prof. John. Ausrichter der Veranstaltung waren, neben der EADO, die International League of Dermatological Societies (ILDS), das Australasian College of Dermatologists (ACD), die International Commission of Occupational Health (ICOH) und die European Academy of Dermatology and Venereology (EADV). 

Unter dem eindringlichen Motto „Occupational Skin Cancer: The Sleeping Giant“ versammelten sich internationale Wissenschaftler, politische Entscheidungsträger und Vertreter von UN-Organisationen, um eine globale Strategie gegen den vielfach „unterschätzten Killer“ unter den Berufskrankheiten zu entwickeln. Denn, so John, die Zahlen seien alarmierend: Laut gemeinsamer Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Weltarbeitsorganisation (ILO), deren Vertreter an der Tagung teilgenommen haben, sind weltweit rund ein Drittel aller Todesfälle durch sogenannten „weißen Hautkrebs“ – also nicht-melanozytären Hautkrebs (NMSC) – auf UV-Strahlung am Arbeitsplatz zurückzuführen. In einer Zeit zunehmender Klimaerwärmung, steigender UV-Belastung und wachsender Zahl an Außenberufen wird das Ausmaß des Problems immer dramatischer – und der Handlungsdruck steigt. 

WHO und ILO bestätigen: Weltweit sind 1,6 Milliarden Menschen am Arbeitsplatz UV-Strahlung ausgesetzt. Zwischen 2000 und 2019 haben sich sowohl die durch Sonnenlicht verursachten Hautkrebserkrankungen als auch die dadurch bedingten Todesfälle nahezu verdoppelt. Dennoch wird UV-Strahlung im Vergleich zu anderen Berufskrebsrisiken immer noch zu wenig beachtet. Dabei sei das Risiko durch Sonnenlicht für Außenbeschäftigte – etwa in der Landwirtschaft, im Bauwesen oder im Tourismus – ungleich höher als bei anderen Arbeitskräften. In einer aktuellen EU-weiten Umfrage in sechs Mitgliedstaaten war UV-Strahlung der am häufigsten genannte Risikofaktor unter 24 berücksichtigten Karzinogenen. Besonders tragisch: Hautkrebs wird oft erst diagnostiziert, wenn die Betroffenen bereits im Ruhestand sind. Die Folge: 98 Prozent der Krankheitskosten tragen nicht die Arbeitgeber oder Versicherungssysteme, sondern die Arbeitnehmer selbst – und deren Familien.

„Wir wissen, was zu tun ist“, bringt es Prof. Swen Malte John von der Universität Osnabrück auf den Punkt. „Prävention ist der einzige nachhaltige Weg.“ Dazu gehören nicht nur Verschattungen, Schutzkleidung und Sonnencremes, sondern auch strukturelle Maßnahmen wie veränderte Arbeitszeiten, regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen und gezielte Schulungen für gefährdete Berufsgruppen. Auch ökonomisch lohnt sich frühes Handeln. Prof. Dr. Matthias Augustin (Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf) zeigt auf: Die direkten und indirekten Kosten durch Hautkrebs belaufen sich in Europa auf jährlich mindestens 5,6 Milliarden Euro. Eine konservative Schätzung, denn viele Fälle – vor allem von NMSC – tauchen in Krebsregistern nicht einmal auf. Frühzeitige Prävention senkt nicht nur Leid und Mortalität, sondern auch langfristige Behandlungskosten erheblich. Ein Erfolgsmodell bietet Australien: Dort konnte durch jahrzehntelange Präventionsarbeit, gesetzliche Verpflichtungen zur UV-Prävention am Arbeitsplatz und Aufklärungskampagnen („Slip, Slop, Slap“) die Zahl der Hautkrebserkrankungen spürbar reduziert werden. Selbst die Steuerbehörden erkennen dort inzwischen die Ausgaben für Sonnenschutzmittel für Arbeiter im Freien als abzugsfähig an.

Besonders ermutigend ist die wachsende Anerkennung von Hautkrebs durch UV-Strahlung als Berufskrankheit. Nach der Schweiz haben auch Rumänien, Belgien und zuletzt Österreich diese Krebserkrankung offiziell in ihre Systeme aufgenommen. Der Druck auf Länder wie Griechenland wächst, sich dieser Entwicklung anzuschließen. Parallel dazu arbeiten Organisationen an einem internationalen Netzwerk zur Verbesserung des Arbeitsschutzes bei UV-Exposition.

Der nächste Multi-Stakeholder Summit wird im September 2026 in Wien stattfinden – mit der Hoffnung, dann weitere Fortschritte präsentieren zu können. John: „Es bleibt zu hoffen, dass das positive Momentum dieses Events auch zu konkreten Veränderungen in der Praxis führen wird. Der vierte Summit war mehr als ein Fachkongress – er war ein eindringlicher Appell an Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Die Zeit zu handeln ist jetzt. Denn der Preis für Untätigkeit ist hoch: menschlich, wirtschaftlich und moralisch.“

Weitere Informationen für die Redaktionen:
Prof. Dr. med. Swen Malte John, Universität Osnabrück
Abteilung Dermatologie, Umweltmedizin, Gesundheitstheorie und
Institut für interdisziplinäre Dermatologische Prävention und Rehabilitation
 johnderm@uni-osnabrueck.de
 

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