Hinweise zur Anwesenheit in Lehrveranstaltungen
Arbeitsgruppe Neueste Geschichte und Historische Migrationsforschung
Prof. Dr. Christoph A. Rass
[IMIS] [SFB1604] [HistOS]
Anwesenheitspflicht in Lehrveranstaltungen
[der Professur für Neueste Geschichte und Historische Migrationsforschung].
Zur Diskussion um Anwesenheitspflichten
Die Frage der Anwesenheitspflicht in universitären Lehrveranstaltungen wird seit Jahren kontrovers diskutiert. Auf der einen Seite steht das verfassungsrechtlich verankerte Prinzip der Studierfreiheit, das Studierenden Autonomie bei der Gestaltung ihres Lernprozesses zugesteht. Auf der anderen Seite betonen Hochschulen die Notwendigkeit der physischen Präsenz für bestimmte Lernziele, insbesondere in interaktiven Veranstaltungsformaten. Diese Spannung zwischen individueller Freiheit und pädagogischen Erfordernissen prägt die aktuelle Gestaltung von Studienordnungen.
Gerichtsurteile haben klargestellt, dass pauschale Anwesenheitspflichten unzulässig sind. Vielmehr muss für jede Veranstaltung begründet werden, warum die physische Präsenz für das Erreichen der Lernziele unerlässlich ist. Dies gilt besonders für Formate, die auf Dialog, Diskussion und gemeinsamer Erarbeitung von Inhalten basieren.
Rahmenregelungen der Universität Osnabrück
Die Universität Osnabrück hat sich für einen differenzierten Ansatz entschieden: Während für Vorlesungen grundsätzlich keine Anwesenheitspflicht besteht, kann diese für Seminare, Übungen und andere interaktive Formate festgelegt werden. Als regelmäßige Teilnahme gilt dabei die Anwesenheit bei mindestens 80% der Termine. Die Universität ermöglicht bis zu drei unentschuldigte Fehlzeiten pro Semester und Veranstaltung; ab der vierten Fehlzeit ist ein wichtiger Grund nachzuweisen.
Regelungen am Historischen Seminar
Grundsätze der Anwesenheitspflicht
Am Historischen Seminar gilt seit Oktober 2023 eine neue Prüfungsordnung, die präzise Regelungen zur Anwesenheitspflicht enthält. Die Anwesenheitspflicht ist dabei kein Selbstzweck, sondern pädagogisch begründet: Die gemeinsame Arbeit an historischen Quellen, die kritische Diskussion von Interpretationen und die Einübung wissenschaftlicher Methoden erfordern den direkten Austausch zwischen Lehrenden und Studierenden sowie unter den Studierenden selbst.
Veranstaltungen mit Anwesenheitspflicht
In folgenden Veranstaltungstypen der Neuesten Geschichte besteht Anwesenheitspflicht:
- Proseminare und Seminare: Hier werden grundlegende Arbeitstechniken vermittelt und vertieft. Die gemeinsame Quellenanalyse, Diskussion von Forschungspositionen und Präsentation eigener Ergebnisse sind zentrale Bestandteile, die physische Präsenz erfordern.
- Übungen: Diese dienen der praktischen Anwendung historischer Methoden. Der progressive Aufbau der Kompetenzen und das direkte Feedback machen regelmäßige Teilnahme unerlässlich.
- Kolloquien: In Bachelor- und Master-Kolloquien werden Abschlussarbeiten diskutiert. Der kollegiale Austausch und die gemeinsame Reflexion von Forschungsansätzen sind nur in Präsenz möglich.
- Exkursionen und Praktikumsbegleitungen: Diese Formate sind per Definition an die physische Anwesenheit gebunden.
Pädagogische Begründung für die regelmäßige Teilnahme an Lehrveranstaltungen der Professur für Neueste Geschichte und Historische Migrationsforschung
In der Neuesten Geschichte ist die Anwesenheitspflicht besonders durch folgende Aspekte begründet:
- Die Arbeit mit zeitgeschichtlichen Quellen erfordert oft sensible Kontextualisierung und kritische Reflexion, die im gemeinsamen Gespräch entwickelt werden. Die Nähe zur Gegenwart macht den moderierten Austausch unterschiedlicher Perspektiven besonders wichtig. Zudem werden in Seminaren zur Neuesten Geschichte häufig aktuelle Forschungsdebatten aufgegriffen, die sich dynamisch entwickeln und deren Diskussion vom unmittelbaren Dialog lebt.
- Die Einübung quellenkritischer Methoden – von der Analyse politischer Reden über die Interpretation von Bildquellen bis zur Auswertung digitaler Medien – erfolgt am effektivsten durch praktische Übung mit direktem Feedback. Auch die für Historikerinnen und Historiker zentrale Fähigkeit, eigene Forschungsergebnisse zu präsentieren und zu verteidigen, kann nur in der Interaktion mit anderen entwickelt werden.
Umgang mit der 80%-Regelung
Die Anwesenheitspflicht bedeutet konkret:
- Bei 14 Sitzungen im Semester dürfen maximal 2-3 Termine versäumt werden
- Die Erfüllung der Anwesenheitspflicht ist Voraussetzung für das Bestehen des Moduls
- Lehrende können im begründeten Einzelfall Ausnahmen zulassen
Empfehlungen für Studierende
Transparenz nutzen: In der ersten Sitzung werden die Modalitäten der Anwesenheitspflicht erläutert. Nutzen Sie diese Gelegenheit für Rückfragen.
Frühzeitig kommunizieren: Bei absehbaren Konflikten (Berufstätigkeit, Betreuungspflichten, andere Verpflichtungen) suchen Sie das Gespräch mit den Lehrenden. Oft lassen sich individuelle Lösungen finden.
Aktiv teilnehmen: Die Anwesenheitspflicht zielt auf aktive Beteiligung. Nutzen Sie die Präsenzzeit für Fragen, Diskussionsbeiträge und den Austausch mit Kommilitoninnen und Kommilitonen.
Dokumentation: Bei Krankheit oder anderen wichtigen Gründen bewahren Sie entsprechende Nachweise auf.
Besondere Hinweise
Wir verstehen, dass viele Studierende neben dem Studium arbeiten oder familiäre Verpflichtungen haben. Die Anwesenheitspflicht soll kein unüberwindbares Hindernis darstellen. Bei strukturellen Problemen (etwa regelmäßige Arbeitstermine, die mit Seminarzeiten kollidieren) sprechen Sie uns frühzeitig an. Gemeinsam können wir im Rahmen unserer Prüfungs- und Studienordnungen Wege suchen, die sowohl den pädagogischen Anforderungen als auch Ihrer individuellen Situation gerecht werden.
Die Anwesenheitspflicht in unseren Veranstaltungen dient letztlich dazu, Ihnen die bestmögliche geschichtswissenschaftliche Ausbildung zu bieten. Die Fähigkeiten, die Sie in der gemeinsamen Arbeit im Seminar entwickeln – kritisches Denken, argumentative Präzision, methodische Sicherheit – sind zentral für Ihren späteren beruflichen Erfolg, sei es in der Wissenschaft, im Bildungsbereich oder in anderen Feldern.
Bei Fragen wenden Sie sich gerne an die Lehrenden oder das Sekretariat der Professur für Neueste Geschichte und Historische Migrationsforschung.
Stand: Wintersemester 2024/25