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130/2025
Studie liefert Hinweise zu Wurzeln menschlicher Kommunikation

Wenn sich Schimpansen miteinander unterhalten

Beobachtungen von Wissenschaftler*innen der Uni Osnabrück in Uganda zeigen: Die Interaktionen zwischen Schimpansenmüttern und ihren Jungen folgen einem Rhythmus, der schon fast wie ein menschliches Gespräch funktioniert. 

Schimpansenmütter und ihre Jungen wechseln sich in freier Wildbahn bei ihren Interaktionen auf eine Weise ab, die stark an menschliche Gespräche erinnert. Das zeigt eine aktuelle Studie von Dr. Bas van Boekholt und Prof. Dr. Simone Pika von der Universität Osnabrück in Zusammenarbeit mit Dr. Alexandra Bosshard von der Universität Zürich, die nun in der Fachzeitschrift  Proceedings of the Royal Society B veröffentlicht wurde. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Grundprinzipien menschlicher Konversationen deutlich älter sind als bisher angenommen.

Durch die genaue Analyse der Kommunikation zwischen Schimpansenmüttern und ihren Jungen, die in ihrer natürlichen Umgebung im Kibale-Nationalpark in Uganda leben, konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen, dass die Interaktionen der Schimpansen vorhersehbaren, abwechselnden Mustern folgen, die in einigen Aspekten menschlichen Gesprächen auffallend ähnlich sind.

„Nachdem ich diese Mütter und ihre Kinder monatelang im Regenwald beobachtet hatte, war ich verblüfft, wie vertraut mir ihre Interaktionen vorkamen. Selbst als Außenstehender ihrer Welt war ihr Austausch aufgrund ihrer vorhersehbaren Strukturen für mich verständlich“, so Dr. Bas van Boekholt von der Universität Osnabrück.

 

Menschliche Interaktionen basieren auf Sequenzen, erläutert der Wissenschaftler: Eine Frage erfordere eine Antwort, eine Begrüßung erwarte eine Erwiderung. Diese sogenannten „Adjazenzpaare” helfen dabei, Gespräche zu organisieren, ohne festzulegen, wie die Antwort ausfällt. Eine Einladung zu einer Party kann mit „Ja”, „Nein” oder sogar einem Achselzucken beantwortet werden. Dieses flexible und dennoch stark strukturierte System kennzeichnet sowohl gesprochene als auch gebärdende Sprachen und beginnt sehr früh in der menschlichen Entwicklung durch nonverbale Austausche anhand von Gesten und gemeinsamen Handlungen.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen seit Längerem davon aus, dass diese Organisationsstruktur bereits vor der Entstehung der Sprache existierte und möglicherweise sogar der Mechanismus war, der Sprache überhaupt erst ermöglichte. Frühere Studien zur Tierkommunikation konzentrierten sich jedoch eher auf die Verwendung von Sequenzen als auf dynamische wechselseitige Interaktionen zwischen Individuen.

Für ihre Studie beobachteten die Forschenden aus Osnabrück und Zürich nun 17 Schimpansenmütter der Ngogo-Population und ihre Jungen und filmten deren Interaktionen. Sie analysierten, wie vorhersehbar einzelne Aktionen und Signale aufeinanderfolgten und wie flexibel die Tiere aufeinander reagierten. Die Ergebnisse zeigten, dass viele der abwechselnden Signale festen Mustern folgen, die frühen Formen menschlicher Frage-Antwort-Strukturen ähneln. Eine Netzwerkanalyse ergab zudem, dass bestimmte Aktionen und Gesten besonders häufig gemeinsam auftreten – ähnlich wie „Gesprächsthemen“ in menschlichen Dialogen.

„Jahrzehntelang deuteten Studien darauf hin, dass die Interaktionen von Schimpansen kaum Ähnlichkeiten mit der menschlichen Sprache aufweisen, aber jetzt wissen wir, dass die zugrunde liegende Interaktionsstruktur sehr ähnlich und systematisch organisiert ist – ein Befund, der wieder zu weiterer Forschung anregt”, sagt Prof. Dr. Simone Pika von der Uni Osnabrück. Die Studie eröffne neue Möglichkeiten zu  Vergleichen innerhalb des Tierreichs, die Aufschluss darüber geben könnten, wann diese interaktiven Bausteine der menschlichen Sprache erstmals entstanden seien, so die Verhaltensbiologin.

Weitere Informationen für die Medien:
Prof. Dr. Simone Pika, Universität Osnabrück
Institut für Kognitionswissenschaft
E-Mail:  spika@uos.de

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