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Pressemeldung

Nr. 54 / 1998

24. April 1998 : Volkswagen-Stiftung fördert Forschungsprojekt "Der Barde der SS" - Osnabrücker Wissenschaftler wollen kritische Gesamtbiographie über Hanns Johst erstellen

Präsident der Reichsschrifttumskammer, hochrangiges Mitglied der Allgemeinen SS, enger Freund Heinrich Himmlers und gefeierter Dichter der NS-Bewegung: Leben und Wirken des 1978 in Ruhpolding verstorbenen Hanns Johst sollen jetzt in einem Forschungsprojekt an der Universität Osnabrück untersucht werden. Für die "literaturpolitischen" Forschungsarbeiten hat die Volkswagen-Stiftung jetzt Fördergelder bewilligt. Rund 400.000 DM stehen für die Erarbei-tung ei-ner kritischen Gesamtbiographie zur Verfügung, so der Osna-brücker Wissenschaftler Prof. Dr. Tilman West-pha-len. Das drei-jährige Projekt mit dem Titel "Der Barde der SS", das sich insbesondere mit der Rolle Johsts als führender Kulturfunktionär im "Dritten Reich" auseinan-der-setzen will, wird von dem Lite-raturwissen-schaftler Dr. Rolf Düster-berg bearbeitet und ist an der von Prof. West--phalen geleiteten For-schungs-stelle Krieg und Literatur am Fachbereich Sprach- und Literatur-wis-sen-schaft der Universität Os-nabrück angesiedelt.

"Hanns Johst hat im Machtgefüge des Nationalsozialismus größten Einfluß erlangt. Seine tatsächliche Be-deu-tung im ideologischen Kontext des ,Dritten Reiches' und seine Teilhabe und Wirkung an der repressiven Kulturpolitik sind aber bis heute, abgesehen von wenigen punktuellen Aspekten, noch nicht zusammen-hän-gend er-forscht worden", betont Dr. Düsterberg. Wie der Wissenschaftler weiter erläutert, soll aber auch das Ver-hält-nis des Schriftstellers zum Nationalsozialismus in der Zeit vor 1933 analysiert werden. "Wir erhoffen uns da-mit", so Dr. Düsterberg, "Aufschluß über seinen möglicherweise direkten Einfluß auf die literarisch-kultu-relle Programmatik der NSDAP und so die allgemeine politische Entwicklung im nationalsoziali-stischen Deutsch---land." Dritter Forschungsschwerpunkt wird nach Angaben des Literaturwissenschaftlers das Leben Johsts im Nachkriegsdeutschland sein. Dabei wird es auch um dessen Internierung und Entnazifizierungs-ver-fahren gehen. Dr. Düsterberg: "Mit der Auswertung der in München archivierten Spruch-kam-mer-akten kön-nen wir einen Beitrag zu der Frage leisten, auf welche Weise die westdeutsche Recht-spre-chung in dem Prozeß gegen einen prominenten Repräsentanten und möglichen Miturheber des Nationalsozialismus den Ver-such einer juristischen 'Vergangenheitsbewältigung' unternommen hat."Für die Forschungsarbeiten wird Dr. Düsterberg neben den Spruchkammer-akten und zahlreichen Materialien im Bundesarchiv Berlin auch den umfangreichen Nach-laß von Hanns Johst auswerten, der 1985 dem Deut-schen Literaturar-chiv übergeben wur-de.

Kontaktadresse:
Dr. Rolf Düsterberg
Universität Osnabrück, Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaft, Forschungsstelle Krieg und Literatur
Neuer Graben 40, 49069 Osnabrück, Tel. (0541) 969-4436, Fax (0541) 969-4256