Hauptinhalt

Topinformationen

Pressemeldung

Nr. 177 / 2005

09. August 2005 : Atomares Bungee-Jumping - Uni Osnabrück: Internationale Konferenz zur Nichtkontakt-Rasterkraftmikroskopie

»Stellen Sie sich vor, jemand lotet die Tiefe aus, indem er an einem Bungee-Seil an verschiedenen Stellen von einer Brücke springt und so aufgefangen wird, dass seine Nasenspitze den Boden jeweils nur ganz leicht berührt. Nach diesem Prinzip funktioniert die Nichtkontakt-Rasterkraftmikroskopie«, erklärt Prof. Michael Reichling vom Fachbereich Physik der Universität Osnabrück. Gemeinsam mit Dr. Wolfgang Mikosch als organisatorischem Leiter veranstaltet der Physiker die achte internationale Konferenz zur Nichtkontakt-Rasterkraftmikroskopie (www.ncafm.info). Rund 150, darunter die weltweit führenden Wissenschaftler auf diesem Gebiet treffen sich ab Dienstag, 16. August, für drei Tage in Bad Essen und diskutieren die aktuellen Forschungsergebnisse aus diesem bedeutenden Zweig der Nanowissenschaften.

Die Nichtkontakt-Kraftmikroskopie ist ein Verfahren zur höchstauflösenden, direkten Abbildung von Oberflächen und Nanostrukturen mittels einer feinen Spitze, die an einer mikroskopisch kleinen, schwingenden Blattfeder angebracht ist. »Anders als beim Bungee-Juming springt und schwingt aber nicht ein Mensch am Seil, sondern die feine Nadel, die winzige Strukturen mit Dimensionen von wenigen Nanometern und sogar einzelne Atome und Moleküle auf einer Oberfläche abtastet,« erläutert Reichling. Diese Art der Oberflächenanalyse wurde vor etwa 15 Jahren erfunden und entwickelte sich seither zu einem wichtigen Instrument der Nanoanalytik. Die Rasterkraftmikroskopie nutzt kleinste Kräfte, die zwischen Atomen der Oberfläche und denen der Abtastnadel wirken. Die Oberfläche wird rasternd abgefahren, wodurch man Bilder der Topographie oder bestimmter physikalischer und chemischer Eigenschaften erhält.

Der große Erfolg dieser Technik resultiert vor allem auch daraus, dass sie in verschiedenen, sich rasch entwickelnden Bereichen der Nanotechnologie universell eingesetzt werden kann: »Das ist eine der Schlüsseltechnologien unserer Zeit. Sie liegt im Grenzbereich zwischen Physik, Chemie und Molekularbiologie und hat viele Anwendungen in der Medizin und Pharmazie«, betont Reichling. Die Fortschritte in der Nichtkontakt-Rasterkraftmikroskopie werden jährlich auf einer internationalen Konferenz vorgestellt, wobei die letzte in Seattle (USA) stattgefunden hat und die nächste von japanischen Wissenschaftlern in Kobe vorbereitet wird. Die Osnabrücker Tagung wird wesentlich gefördert durch das Engagement zahlreicher interessierter Unternehmen und Sponsoren. Dazu gehören unter anderem die Oldenburgische Landesbank, die Spiekermann & CO AG, T-Systems, der Landkreis Osnabrück, die Gemeinde Bad Essen und Schloss Ippenburg sowie die führenden Hersteller wissenschaftlicher Geräte in diesem Bereich. Mikosch verweist auf den unerwartet hohen Zuspruch, der für die Tagung in Bad Essen zu verzeichnen ist.

Drei aktuelle Fragestellungen stehen auf der Veranstaltung im Vordergrund: Erstens, wie kann man die chemische Reaktivität von Oberflächen und Nanoteilchen mit dem Kraftmikroskop direkt sichtbar machen, um chemische Reaktionen auf der atomaren Ebene besser zu verstehen? Zweitens, wie lassen sich einzelne Atome und Moleküle mit dem Kraftmikroskop so platzieren, so daß daraus Nanostrukturen hergestellt werden können? Und drittens, wie ist die Nichtkontakt-Kraftmikroskopie weiter zu entwickeln, damit biologische Strukturen auch in ihrer natürlichen wässrigen Umgebung hochauflösend dargestellt werden? In allen drei Bereichen wurden seit der letzten Konferenz hervorragende Fortschritte erzielt.

Die Nichtkontakt-Rasterkraftmikroskopie nimmt in der Forschung an der Universität Osnabrück einen wichtigen Platz ein. In der Arbeitsgruppe von Reichling, die federführend an der Entwicklung der Technik zur atomar aufgelösten Abbildung elektrisch isolierender Oberflächen beteiligt war, werden zahlreiche Projekte zur Abbildung und Manipulation atomarer und molekularer Strukturen bearbeitet. Diese Forschung ist international orientiert und in europäische Verbundprojekte eingebettet. So bestehen beste Kontakte nach Japan, wo weitere der weltweit führenden Zentren in diesem Gebiet angesiedelt sind. Im Anschluss an die Konferenz in Bad Essen eine Delegation aus Osaka anreisen, um gemeinsam ein großes deutsch-japanisches Projekt zu planen.

Weitere Informationen

Prof. Dr. Michael Reichling, Universität Osnabrück,
Fachbereich Physik,
Barbarastraße 7, D-49076 Osnabrück,
Tel. +49 541 969 2264, Fax +49 541 969 12264
reichling@uni-osnabrueck.de