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Pressemeldung

Nr. 80 / 2002

14. Juni 2002 : »Das Projekt Empfindsamkeit und die Moderne« - Internationales Kolloquium zu Ehren Richard Alewyns an der Universität Osnabrück

Richard Alewyn (1902 – 1979) gehört zu den Wissenschaftlern, die Deutschland sogleich nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten verlassen mussten. Nur knapp ein Jahr hatte er als noch nicht Dreißjähriger den Lehrstuhl Friedrich Gundolfs in Heidelberg inne, bevor er ins Exil getrieben wurde - zunächst nach Paris und London, dann nach Österreich und in die Schweiz, schließlich in die Vereinigten Staaten. Die Universität Osnabrück ehrt den Literaturwissenschaftler mit einem internationalen Kolloquium "Das Projekt Empfindsamkeit und die Moderne", das vom 19. bis 23. Juni 2002 im Zimeliensaal der Universitätsbibliothek stattfindet.

Alewyn der Barockforscher ist bekannt, Alewyn der Archäologe der Moderne ist unbekannt. Die Ausarbeitung seines Lebenswerkes wurde zunächst durch die Emigration und nach der Rückkehr durch die übermäßigen akademischen Anforderungen in Köln, Berlin und Bonn verhindert. "Zur Debatte stand nicht weniger als die Genese der Innerlichkeit inmitten von Pietismus und Empfindsamkeit und mit ihr der Aufstieg der Kunst als des einzigen Organs zur Repräsentation aller neu entdeckten Bezirke der Seele", umschreibt Prof. Dr. Klaus Garber, Direktor des Osnabrücker Instituts für Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit sein Werk. Seelenkultur und Kunstgläubigkeit rückten in eine dem Abendland bis dahin unbekannte Konjunktion. Den Konsequenzen dieses entscheidenden Kapitels in der Geschichte der Säkularisation bis in die kultische Vergötterung des Künstlers, der Formierung von Kunstgemeinden, der Ausbreitung der Bohème, schließlich dem Ästhetizismus galten die weitausholenden Bemühungen des großen Kulturhistorikers.

Das Osnabrücker Kolloquium ist der Rekonstruktion und zugleich der Weiterentwicklung des Projekts gewidmet. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Europa, den Vereinigten Staaten und Japan stellen das Empfindsamkeits-Projekt in den Kontext der gegenwärtigen anthropologischen und kulturanalytischen Debatten.

Prof. Garber: "Höhepunkte dürften von der Aufarbeitung der Exilsituation und ihres Einschlags auf das Projekt, das tief hineinführt in die politische Kultur Deutschlands ebenso zu erwarten sein wie der erstmaligen Nachzeichnung der dem Thema gewidmeten Nachkriegsvorlesungen Alewyns." Begleitet wird das Kolloquium von Lesungen aus Alewyns Briefen, von Erinnerungen an den Lehrer aus japanischer Sicht und nicht zuletzt einem Blick auf Preziosen aus Alewyns Bibliothek, die nach seinem Tod in den Besitz der Universität Osnabrück überging.

Mit der Tagung setzt das Interdisziplinäre Institut für Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit unter der Leitung von Prof. Garber seine Serie kulturgeschichtlicher Kongresse fort, die zuletzt dem europäischen Friedensgedanken und seiner Ausformung in der Frühen Neuzeit gewidmet waren.

Kontaktadresse:
Prof. Dr. Klaus Garber
Universität Osnabrück
Interdisziplinäres Institut für Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit
Neuer Graben 40, 49074 Osnabrück
Tel. (0541) 969-4167, Fax (0541) 969-4875