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Pressemeldung

Nr. 132 / 2001

25. Oktober 2001 : Einführung von Langzeitstudiengebühren abgelehnt - Stellungnahme des Konzils und Senats der Universität Osnabrück

Das Konzil und der Senat der Universität Osnabrück haben in ihren gestrigen Sitzungen die Einführung von Studiengebühren bei Überschreitung der Regelstudienzeit um mehr als vier Semester abgelehnt. In der Stellungnahme werden dazu folgende Gründe genannt:

1. Das Ziel, das Hochschulstudium in Niedersachsen effektiver zu gestalten,wird damit nicht erreicht
Hindernisse für ein effektiveres Studium bestehen in den durch Ressourcenmangel und Einsparauflagen beeinträchtigten Studienbedingungen. Es fehlt an Büchern, Sachmitteln, Computern und wissenschaftlichem Personal. Da vorgesehen ist, die Einnahmen aus der geplanten Maßnahme überwiegend nicht den Hochschulen zur Verbesserung der Lehr- und Studienbedingungen, sondern dem Finanzminister zur Verfügung zu stellen, ergeben sich keine Verbesserungen. Andererseits wären diese Einnahmen auch nicht verlässlich, weil sie mit den Langzeitstudierenden verschwinden würden.

2. Das Studierverhalten hat sich laufend verbessert
Die in der Vergangenheit verbreitete Verschleppung des Studienabschlusses durch Bummelei ist gegenwärtig eher die Ausnahme, so dass eine so aufwändige gesetzliche Maßnahme nicht gerechtfertigt erscheint. Die in der Umsetzung befindlichen Studienreformmaßnahmen (Modularisierung der Studiengänge, Einführung von Leistungspunktsystemen, studienbegleitende Prüfungen und konsekutive Abschlüsse) werden die Effektivität des Studiums weiter erhöhen, wenn sie flächendeckend wirksam werden.

3. Langzeitstudierende sind überwiegend Teilzeitstudierende
Die Idee des Studienguthabens macht nur Sinn, wenn es den Studierenden überlassen bleibt zu bestimmen, mit welcher Geschwindigkeit sie ihr Studienguthaben aufzehren wollen. Denn: aus der Sozialuntersuchung des Studentenwerkes ist bekannt, dass die Studierenden der Universität Osnabrück überdurchschnittlich häufig aus sozial schwachen Familien kommen und, weil die BAFöG-Förderung kaum noch greift, auf Teil- bis Vollzeitarbeit angewiesen sind. Diese Personen müssten als Teilzeitstudierende eingestuft werden, wenn es diesen Statusgäbe. Studiengebühren helfen nicht gegen Bedürftigkeit; sie verschärfen die soziale Selektion, solange sie nicht von großzügigen Hilfen zur Studienfinanzierung begleitet werden.

4. Für die niedersächsischen Hochschulen und ihre Studentenwerke verschlechtern sich die Wettbewerbsbedingungen
Langzeitstudierende werden vor Eintritt der Gebührenpflicht in Bundesländer abwandern, deren Hochschulen das Studium unbegrenzt gebührenfrei halten können. Dies benachteiligt insbesondere solche Hochschulen, die - wie die Universität Osnabrück - in unmittelbarer Nachbarschaft leistungsfähiger gebührenfreier Universitäten (Münster, Bielefeld) liegen, denn sie erbringen die Ausbildungsleistung, ohne dass ihnen die Absolventen zugerechnet werden. Der Rückgang der Studierenden der Hochschulregion Osnabrück führt zwangsläufigzu einer Finanzkrise des Studentenwerks, die nur über Gebühren- und Preiserhöhungen bewältigt werden kann.

5. Der mit dem Gesetz verbundene Verwaltungsaufwand steht in keinem vernünftigen Verhältnis zum erwartbaren Effekt
Die durch aktuelle Reformen extrem belasteten Hochschulverwaltungen können Zahlungskontrolle, Befreiungstatbestände und Härtefälle mit dem vorhandenen Personal nicht administrieren. Auch der zu erwartende Mehraufwand für die Verwaltungsgerichte steht in krassem Missverhältnis zu den möglichen Entlastungseffekten für den Landeshaushalt.

6. Studiengebühren und Studienfinanzierung gehören zusammen
Die Einführung von Studiengebühren - gleich welcher Art - stellt einen Paradigmenwechselim Bildungswesen der Bundesrepublik dar. Sie sollte nicht "beiläufig" in Verbindung mit der Verabschiedung des Haushaltsbegleitgesetzes erfolgen; vielmehr ist zunächst eine sorgfältige Analyse der mit einem solchen Systemwechsel verbundenen Folgen und Begleitumstände erforderlich. Dabei muss insbesondere ein Konzept für die Studienfinanzierung entwickelt werden, das soziale Diskriminierung vermeidet.