Hauptinhalt

Topinformationen

Pressemeldung

Nr. 105 / 2002

27. August 2002 : Mit Hilfe von "Reportern" den Makromolekülen auf der Spur - Universität Osnabrück untersucht die Ursachen von Herzmuskel-Erkrankungen

Kann ein Molekül sich verändern, vielleicht sogar seine räumliche Struktur wechseln? Dieser Frage gehen Wissenschaftler im Fachbereich Physik an der Universität Osnabrück nach. Unter Leitung des Experimentalphysikers Prof. Dr. Heinz-Jürgen Steinhoff untersuchen sie mit neuartigen Methoden die Struktur und Dynamik medizinisch relevanter Makromoleküle, darunter das für die Muskelkontraktion wichtige Tropomyosin. Ziel ist es, dessen Funktion auf atomarer Ebene zu verstehen. Die Arbeitsgruppe der Universität Osnabrück arbeitet hierbei eng mit Forschern des Max-Planck-Instituts für Biophysikalische Chemie Göttingen zusammen. Finanziert wird das Projekt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit insgesamt 130.000 Euro. Von den Forschungen werden unter anderem neue Erkenntnisse über die Fehlfunktion bestimmter Protein-Mutanten erwartet, die bei bestimmten Formen menschlicher Herzmuskel-Erkrankungen auftreten, erklärt Steinhoff.

In manchen Muskeln fungiert das Protein Tropomyosin im Komplex mit weiteren Proteinen als Kalzium-abhängiger molekularer Schalter, der die Muskelkontraktion reguliert. Dabei nimmt dieses Molekül offenbar verschiedene räumliche Strukturen ein. Die dabei ablaufenden dynamischen Vorgänge sind für die Wissenschaftler von besonderem Interesse. So werden "ungepaarte" Elektronen als "Reporterquot& gezielt in das Tropomyosin eingebaut und deren magnetische Eigenschaften mit Hilfe einer so genannten Elektronenspinresonanz-Spektroskopie im Labor gemessen, erläutert der Projektleiter. Mit dieser Methode sollen molekulare Ereignisse in einem Zeitbereich von Sekunden bis Nanosekunden beobachtet, dem Tropomyosin bei seiner "Arbeit" zugeschaut werden. Auf diese Weise hoffen die Wissenschaftler Einzelheiten über die Funktionsmechanismen von Tropomyosin-Molekülen zu erhalten.

Die Untersuchungen umfassen sowohl natürliche Tropomyosin-Moleküle verschiedener Herkunft als auch neue in Bakterien hergestellte Varianten. Die grundlegenden Arbeiten werden auch Wege zu einem besseren Verständnis von gewissen Muskelerkrankungen öffnen, namentlich im Falle des Herzmuskels und der glatten Muskulatur der Arterien. Denn es sind zahlreiche menschliche Kardiomyopathien dokumentiert, welche durch Mutationen im Tropomyosin ausgelöst werden. "Ein Verständnis der Effekte dieser Mutationen auf das regulatorische System könnte nicht nur für die Erweiterung der wissenschaftlichen Kenntnisse, sondern auch für die medizinische Anwendung bedeutsam sein, beispielsweise für das Design pharmakologischer Substanzen, die darauf zielen, die regulatorischen Fehlfunktionen zu korrigieren oder zu unterdrücken", erklärt Steinhoff.

Informationen:
Prof. Dr. Heinz-Jürgen Steinhoff, Fachbereich Physik,
Universität Osnabrück, Barbarastr. 7, 49069 Osnabrück,
Tel. (0541) 969-2675, Fax 969-2656
e-mail: hsteinho@uni-osnabrueck.de