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Pressemeldung

Nr. 152 / 2003

30. September 2003 : "Weitere Kürzungen nicht verantwortbar" - Schreiben des Hochschulrates der Universität Osnabrück an Wissenschaftsminister Stratmann

Das Schreiben des Hochschulrates der Universität Osnabrück an den niedersächsischen Minister für Wissenschaft und Kultur, Lutz Stratmann, hat folgenden Wortlaut:

"Der Hochschulrat der Universität Osnabrück hat sich auf seiner letzten Sitzung am 18.9.03 ausführlich mit der Finanzlage und den Forderungen nach Einsparungen von Seiten des Landes Niedersachsen auseinandergesetzt. Als Grundlage für diese Diskussion standen dem Hochschulrat u.a. die Evaluierungsberichte in Forschung und in Lehre, und die umfangreichen Stellungnahmen und Selbstdarstellungen der einzelnen Lehrbereiche und Institute zur Verfügung. Der Hochschulrat konnte sich somit ein gutes Bild vom Profil, von den Stärken und Schwächen, und von den angebahnten Entwicklungstendenzen der Universität machen.

Der Hochschulrat stellt fest, dass es der noch jungen Osnabrücker Universität gelungen ist, ein nationales und vor allem internationales, spezifisches Forschungsprofil aufzubauen: Zu den Eckpfeilern dieses Osnabrücker Profils gehören Fächer wie die Rechtswissenschaften, die Migrationsforschung, angewandte (Umwelt)Systemwissenschaften, Psychologie und die Naturwissenschaften. Biologie und Physik haben internationale Spitzenleistungen aufzuweisen. Die beiden Fächer bauten zudem zusammen mit der Chemie ein enges Kooperationsgeflecht in Forschung und Lehre auf, durch das neuartige, zukunftsorientierte Themen aufgegriffen werden können.

Der Hochschulrat empfiehlt der Universität und dem Land nachdrücklich, dieses bemerkenswerte Wissenschaftsprofil nicht anzutasten. Selbstverständlich hat die Osnabrücker Hochschule darüber hinaus, vor allem in den Geisteswissenschaften, einen breiteren Fächerkanon anzubieten, wenn sie dem allgemeinen Anspruch einer Universität gerecht werden will.

Mit Bedauern nimmt der Hochschulrat zur Kenntnis, dass die der Universität Osnabrück aufgegebenen strukturellen Kürzungsauflagen trotz ihres relativ moderaten Umfangs nur durch Eingriff in das Fächerspektrum, d.h. auf den Verzicht auch gut evaluierter Lehr- und Forschungsbereiche, sowie durch weitere Ausdünnung der Personalausstattung auch in exzellenten Bereichen erfüllt werden können. Dennoch trägt der Hochschulrat das vom Präsidium und dem Senat erarbeitete Stellenkürzungskonzept mit, da es die oben erwähnten Eckpfeiler des Osnabrücker Profils arbeitsfähig erhält.

Im Bereich der Wirtschaftswissenschaften stünden Stellenkürzungen im Widerspruch zu den Erwartungen der Osnabrücker Wirtschaftsregion. Hier fordert der Hochschulrat die Erarbeitung eines Konzepts für den ganzen Hochschulstandort Osnabrück.

Der Hochschulrat stellt mit Sorge fest, dass die Universität, unabhängig von den oben genannten Einschnitten, unter ihrer chronischen Unterfinanzierung leidet. Nach den uns vorgelegten Unterlagen sind Kostensteigerungen nicht mehr aufzufangen. Daher führen die monetären Sparauflagen zu einem dauerhaften Defizit, das durch Maßnahmen der Personalbewirtschaftung nicht abgebaut werden kann. Um die Leistungs- und Berufungsfähigkeit der Universität zu sichern, ist eine deutliche Verbesserung der Grundfinanzierung erforderlich. Die noch aus dem "Innovationspakt II" fortbestehende jährliche Einsparverpflichtung sollte dringend gestrichen werden.

Der Hochschulrat hält Kürzungen, die substanziell über das von Präsidium und Senat erarbeitete Konzept hinausgehen, für nicht verantwortbar, weil sie die erarbeitete internationale Reputation rasch zerstören und die guten Leistungsbereiche der Universität nachhaltig schwächen würde. Sie würde rasch zu einer Provinzuniversität herabsinken, was sicherlich auch nicht im Interesse des Landes sein wird.

Der Hochschulrat appelliert daher an die Landesregierung, die erforderlichen Entlastungen des Landeshaushalts nicht durch die Schwächung ausgezeichneter Lehr- und Forschungsstrukturen, wie sie beispielhaft die Universität Osnabrück aufgebaut hat, zu erzielen, sondern durch die genaue Überprüfung und gegebenenfalls Aufgabe von leistungsschwachen und/oder unterausgelasteten Hochschulstandorten.

Der Hochschulrat wendet sich mit seiner Sorge an die Landesregierung in der Gewissheit, dass auch das Land an einer Bewahrung und an einem weiteren Ausbau der internationalen Reputation ihrer Universitäten interessiert ist."

Unterzeichnet ist das Schreiben von Prof. Dr. Dr. h.c. Gerhard Neuweiler, dem Vorsitzenden des Hochschulrates Osnabrück.