Nr. 116 / 2002

18. September 2002 : Wenn Eltern sich vor ihren Kindern fürchten - Universität Osnabrück veranstaltet Fachtagung zu familiärer Gewalt

Destruktives Verhalten von Kindern und Jugendlichen sowie Verlust der elterlichen Autorität: Beides geht oftmals Hand in Hand. Eine Tagung des Fachbereichs Humanwissenschaften der Universität Osnabrück und des Instituts für Familientherapie Weinheim will Lösungswege für solche familiären Problemkonstellationen mit Hilfe eines Konzeptes des israelischen Psychologen Prof. Haim Omer aufzeigen. Vom 23. bis 25. September 2002 werden rund 250 Wissenschaftler und Berater in Osnabrück erwartet.

"In immer mehr Familien übernehmen Kinder die Kontrolle über die Familie, unter anderem durch renitentes Verhalten, Suiziddrohungen oder destruktives Verhalten aller Art", erläutert der Osnabrücker Psychologe Dr. Arist von Schlippe, der diese Tagung mit Prof. Omer gemeinsam durchführt: "Eltern sehen sich dabei in der Zwickmühle. Entweder sind sie hilflos oder sie reagieren mit großer Vehemenz, was die Gefahr der Eskalation in sich birgt. Aus diesem Grund neigen viele Eltern dann dazu, lieber keinen Widerstand zu leisten als den extremen Weg zu gehen. Gleichzeitig fehlt zunehmend die Möglichkeit, über Gespräche mit den Kindern zu Lösungen zu kommen."

Die Wissenschaftler weisen einen neuen Weg aus dem Dilemma von Resignation und Eskalation. Das Konzept Haim Omers basiert auf den Gedanken Gandhis über den gewaltlosen Widerstand. Schrittweise lernen die Eltern, ihre elterliche Präsenz wieder herzustellen und dafür zu sorgen, dass die Punkte entschärft werden, an denen es gewohnheitsmäßig zu Eskalationen kam. Da es sich um eine Beratung von Eltern handelt, die ihnen hilft, ihre Rolle und ihre Funktion wieder einzunehmen, wurde der Begriff "Coaching" gewählt, ein Wort, das ursprünglich die Beratung bei beruflichen Aufgaben umschreibt. Im Mittelpunkt des Modells steht die praktische und konkrete Unterstützung bei elterlichen Aufgaben und weniger die Suche nach Ursachen von Störungen.

Geplant sind Vorträge und Demonstrationsgespräche mit ratsuchenden Eltern, aus denen die teilnehmenden Berater und Beraterinnen möglichst viel praktisches Handwerkszeug mitnehmen können.

Informationen:
PD Dr. Arist von Schlippe, Fachbereich Humanwissenschaften,
Universität Osnabrück, Knollstr. 15, 49069 Osnabrück,
Tel. (0541) 969-4743, Fax. 969-4747
e-mail:arist.schlippe@uni-osnabrueck.de

Das Konzept ist in Deutschland durch das Buch "Autorität ohne Gewalt: Coaching für Eltern von Kindern mit Verhaltensproblemen" von Haim Omer und Arist v.Schlippe bekannt geworden.