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Pressemeldung

Nr. 72 / 2006

29. März 2006 : Großsäugetiere in freier Wildbahn erforschen - Neues Forschungsprojekt an der Universität Osnabrück

Sie galten bislang als beinahe ausgestorben in Europa. Vor kurzem nun wurden vier Wisente (ein Stier und drei Kühe) als Grundstock für eine Herde im Arenberger Eleonorenwald bei Vrees im Landkreis Emsland ausgewildert. Die Begleitforschung wird von der Arbeitsgruppe Ethologie der Universität Osnabrück unter der Leitung von apl. Prof. Dr. Heinz Düttmann und Prof. Dr. Rüdiger Schröpfer durchgeführt. Botanisch werden die Ethologen von Prof. Dr. Rainer Buchwald von der Universität Oldenburg unterstützt.

Sie galten bislang als beinahe ausgestorben in Europa. Vor kurzem nun wurden vier Wisente (ein Stier und drei Kühe) als Grundstock für eine Herde im Arenberger Eleonorenwald bei Vrees im Landkreis Emsland ausgewildert. Die Begleitforschung wird von der Arbeitsgruppe Ethologie der Universität Osnabrück unter der Leitung von apl. Prof. Dr. Heinz Düttmann und Prof. Dr. Rüdiger Schröpfer durchgeführt. Botanisch werden die Ethologen von Prof. Dr. Rainer Buchwald von der Universität Oldenburg unterstützt. »Für uns eröffnet das Projekt die Möglichkeit, an Großsäugetieren experimentell im Freiland aktuelle Fragestellungen zu bearbeiten«, erklärt Düttmann.

Der Arenberger Eleonorenwald ist mit ca. 2.000 Hektar eines der größten Privatwaldgebiete West-Niedersachsens, das auf eine lange Beweidungstradition zurückblicken kann. 1909 wurde dort mit dem Bau eines Jagdgatters begonnen. Dieses Gatter war die Voraussetzung für die Wiederansiedlung des Rothirsches, dessen letzte Vorkommen im Emsland um 1800 ausgerottet worden waren. Mit dem Auswilderungsprojekt werden verschiedene Ziele verfolgt, wie Schröpfer erklärt: »Zum einen wird ein wichtiger internationaler Beitrag zum Erhalt der vom Aussterben bedrohten, größten europäischen Wildrindart geleistet. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die letzten freilebenden Wisente in Osteuropa ausgerottet. Alle heutigen Wisente gehen somit auf Nachzuchten in Zoologischen Gärten und Wildparks zurück.« Mit der Auswilderung erhofft man sich darüber hinaus für den Eleonorenwald eine Offenhaltung wertvoller Sandheiden und Magerrasen mittels Beweidung durch große Pflanzenfresser.

Im Mittelpunkt der Forschung steht die Frage, welchen Einfluss spezielle Huftier-Arten von unterschiedlicher Größe und mit unterschiedlichen Ernährungsansprüchen auf die Struktur und die Zusammensetzung von Lebensgemeinschaften terrestrischer Ökosysteme in Mitteleuropa besitzen. »Experimentelle Untersuchungen in Ostafrika haben gezeigt, dass große Pflanzenfresser besonders die Struktur der Ökosysteme beeinflussen. Kleinere Pflanzenfresser dagegen bestimmen maßgeblich die qualitative Zusammensetzung der Pflanzengemeinschaften. Beide Faktoren, Struktur und floristische Zusammensetzung, nehmen wiederum Einfluss auf die Zusammensetzung der Tiergemeinschaften«, so Düttmann. Ob die genannten Befunde auch auf Mitteleuropa übertragbar sind, ist unklar. Auch die ethologischen Interaktionen zwischen den verschiedenen einheimischen Weidegängern wurden bislang wenig beachtet. Nach dem von der Arbeitsgruppe Ethologie in den letzten Jahren entwickelten Modell europäischer Säugetiergemeinschaften ergänzen sich Arten konkurrenzarm in ihren Ansprüchen, wenn sie in einer bestimmten Lebensformtypen-Kombination auftreten. Dieses könnte auch für die Wiederansiedlung der Wisente im Eleonorenwald gelten, wo sie mit Rothirschen, Damhirschen und Rehen, also in einer Wiederkäuergemeinschaft, zusammenleben sollen.

Die Auswilderung des Wisents wird von allen Beteiligten getragen: Das Land Niedersachsen unterstützt die Arenberg Meppen GmbH, als Besitzer der Waldgebietes, bei der Umsetzung des Projektes mit einer Anschubfinanzierung sowie in den Folgejahren mit Mitteln des Vertragsnaturschutzes. Auch die Gemeinde Vrees steht dem Vorhaben positiv gegenüber, da sie darin einen wichtigen Baustein für eine naturverträgliche Erholungsnutzung sieht. Erste Ergebnisse wollen die Wissenschaftler in fünf Jahren vorlegen.

Weitere Informationen

apl. Prof. Dr. Heinz Düttmann, Universität Osnabrück,
Fachbereich Biologie/Chemie,
Barbarastr. 11, 49076 Osnabrück,
Tel. +49 541 969 2830, Fax: +49 541 969 2862,
heinz.duettmann@biologie.uni-osnabrueck.de