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Pressemeldung

Nr. 4 / 2020

07. Januar 2020 : Die Sprache des Romans – Universität Osnabrück an Forschungsprojekt zu sprachlichen Merkmalen von Romangattungen beteiligt

Mit einer Abschlusskonferenz an der Universität Grenoble-Alpes am 19. Dezember 2019 ging das deutsch-französische Forschungsprojekt PHRASEOROM („Die Phraseologie des Romans“) zu Ende. Ziel war es, in interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen Literaturwissenschaftlern und Linguisten wiederkehrende Merkmale der Sprache des Romans (Englisch und Französisch) zu untersuchen. Auf deutscher Seite leitete das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Französischen Forschungsagentur (ANR) mit insgesamt über 600.000 Euro geförderte Projekt Prof. Dr. Dirk Siepmann vom Institut für Anglistik / Amerikanistik. Weitere Projektpartner waren die Universitäten Grenoble-Alpes, Erlangen-Nürnberg und Bonn.

Ein zentrales Ergebnis des Projekts ist der Nachweis, dass die Sprache des Romans sich durch eine Überrepräsentation bestimmter sprachlicher Phänomene auszeichnet, und das sowohl mit Bezug auf die Gattung Roman als Gesamtheit als auch in Hinblick auf ihre Untergattungen und die Individualstile bestimmter Autoren. Dies schließt natürlich keineswegs aus, dass mit bestimmten Mustern auch bewusst gebrochen wird.

Neben der Erstellung einer Art Mini-Wörterbuchs der Literatursprache hat das Projekt auch wertvolle theoretische Impulse für die Sprach- und Literaturwissenschaft geliefert. Konnte man bisher nur Eigenschaften von sprachlichen Sequenzen erfassen, die entweder den Satzbau (wie Subjekt-Verb-Abfolgen) oder den Wortschatz (Wortverbindungen: beispielsweise „betretenes Schweigen“) betrafen, so richteten die Projektteilnehmer erstmals systematisch den Blick auf längere Einheiten, die aus Kombinationen von unveränderlichen Wortformen, veränderlichen Wortformen und grammatischen Einheiten bestehen.

Die Verteilung solcher Einheiten, motifs genannt, die sich gewöhnlich selbst der Intuition des geschult forschenden Linguisten oder Literaturwissenschaftlers entzieht, bietet neue Einblicke in Individual- und Gattungsstile. Gattungen lassen sich sprachlich über die Gesamtheit ihrer typischen motifs definieren. Im Fantasy-Genre finden sich beispielsweise motifs, die eine mittelalterliche Welt heraufbeschwören; der Intuition eher verschlossen ist dagegen zum Beispiel die stereotype Verwendung von frz. passer la langue sur les lèvres (lick one’s lip with one’s tongue) in Kriminalromanen. Dann wiederum existieren gattungsübergreifend bestimmte Reihungen von motifs, die eine Art Skript bilden, wie z.B. das Zigarettenskript, das nicht nur Krimiautoren typischerweise einsetzen, um introspektiv-nachdenkliche oder nervöse Zustände von Romanfiguren zu kennzeichnen.

„Literaturwissenschaftlich betrachtet zeigt sich an solchen Beispielen besonders gut, dass das Verstehen literarischer Texte in erheblichem Maße durch das Erkennen sprachlicher Wiederholungen erfolgt, die im kollektiven Gedächtnis verankert sind“, erklärt Prof. Siepmann.

Weitere Informationen zu dem Projekt unter: https://phraseorom.univ-grenoble-alpes.fr

Weitere Informationen für die Redaktionen:
Prof. Dr. Dirk Siepmann, Universität Osnabrück
Institut für Anglistik/ Amerikanistik
Neuer Graben 40, 49069 Osnabrück
Tel.: + 49 541 969 4160
dirk.siepmann@uni-osnabrueck.de