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Pressemeldung

Nr. 146 / 2019

15. August 2019 : Forschung zu Insekten- und Vogelbeständen – Universität Osnabrück erarbeitet Grundlage für den nachhaltigen Schutz der Vogelwelt in Graslandhabitaten

Ein Forscherteam der Universität Osnabrück untersucht, in welchem Zusammenhang Insekten- und Vogelbestände in extensiv genutzten Graslandhabitaten stehen. Das zweijährige Projekt zielt darauf ab, Maßnahmen zur Förderung der Insektenfauna als Grundlage für arten- und individuenreiche Vogelgemeinschaften zu erarbeiten.

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© Thomas Fartmann

Salbei-Glatthaferwiese im Diemeltal – Extensiv genutzte Graslandhabitate spielen eine entscheidende Rolle für den Erhalt vielfältiger Insekten- und Vogelgemeinschaften in der mitteleuropäischen Kulturlandschaft.

Insekten bilden weltweit die artenreichste Gruppe aller Lebewesen und sind demzufolge ein wesentlicher Bestandteil der biologischen Vielfalt. In den vergangenen Jahrzehnten haben sowohl die Artenvielfalt der Insekten als auch deren Biomasse in Mitteleuropa stark abgenommen. Der Rückgang der Insekten zieht weitreichende ökologische Konsequenzen nach sich, da er sich kaskadenartig auf Organismen höherer trophischer Ebenen auswirkt. Für einige insektenfressende Vogelarten sind diese Zusammenhänge bereits gut belegt: Das Rebhuhn war bis vor einigen Jahrzehnten ein weit verbreiteter Brutvogel der mitteleuropäischen Kulturlandschaft. Jedoch sind die Bestände seit 1980 um über 90 Prozent eingebrochen. „Da bei dieser Vogelart ein direkter Zusammenhang zwischen der vorhandenen Insektenbiomasse nach dem Schlupf der Küken und der Populationsgröße im Folgejahr besteht, lässt sich die negative Bestandsentwicklung des Rebhuhns unter anderem auf den Nahrungsmangel infolge der landwirtschaftlichen Intensivierung zurückführen,“ erläutert apl. Prof. Dr. Thomas Fartmann, Leiter der Abteilung für Biodiversität und Landschaftsökologie an der Universität Osnabrück.
Um den Einfluss der Insektenbiomasse auf die gesamte Brutvogelgemeinschaft wissenschaftlich quantifizieren und evaluieren zu können, sind umfassende Studien erforderlich, die neben dem Nahrungsangebot weitere entscheidende Umweltfaktoren auf Habitat- und Landschaftsebene betrachten.

Zu diesem Zweck unterstützt die Stöckmann-Stiftung zur Förderung von Umwelt- und Naturschutz das neue Forschungsvorhaben an der Universität Osnabrück, mit welchem der wissenschaftliche Kenntnisstand über Zusammenhänge zwischen Insekten- und Vogelbeständen in extensiv genutzten Graslandhabitaten verbessert werden soll. Das Untersuchungsprogramm basiert auf einem komparativen Ansatz, in dem Kalkmagerrasen und mesophiles Magergrasland als Relikte einer extensiven Landnutzung in der mitteleuropäischen Kulturlandschaft vergleichend analysiert werden. Hierzu möchte ein Forscherteam aus der Abteilung für Biodiversität und Landschaftsökologie während der zweijährigen Projektlaufzeit bis Mai 2021 zunächst eine statistisch belastbare Datenbasis schaffen, die es anschließend ermöglicht, Kausalitäten zwischen Insektenfauna und Vogelwelt herzustellen und entscheidende Umweltparameter für den Artenreichtum der untersuchten Lebensräume zu ermitteln. Dabei werden auf mehr als 50 Untersuchungsflächen im Diemeltal im westfälisch-hessischen Grenzgebiet Heuschrecken und Brutvögel standardisiert erfasst. „Heuschrecken gelten als Schlüsselorganismen, da sie bei hoher Abundanz eine wichtige Nahrungsgrundlage für insektenfressende Vogelarten im Grasland darstellen. Zudem reagieren sie sehr sensibel auf Veränderungen der Landnutzung und weisen dabei sehr ähnliche Reaktionsmuster auf wie andere indikatorisch bedeutsame Taxa im Grasland. Da sie zudem mit vergleichsweise geringem Aufwand erfasst werden können, eignen sie sich besonders als Modellorganismen für unsere Untersuchungen,“ so Fartmann.

Das übergeordnete Ziel des Projekts ist die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen zum biodiversitätsfördernden, nachhaltigen Management von Graslandhabitaten. Der Schwerpunkt soll hierbei auf Maßnahmen zur Förderung der Insektenfauna als Grundlage für arten- und individuenreiche Vogelgemeinschaften sein. „Da extensiv genutzte Graslandhabitate in Mitteleuropa meist nur noch reliktartig vorkommen, ist der Fortbestand lebensraumtypischer Insekten- und Vogelarten zunehmend gefährdet. Wissenschaftlich fundierte Studien, die dazu beitragen Maßnahmen zum Erhalt der Biodiversität zu etablieren, sind daher von großer Bedeutung für die Naturschutzpraxis,“ betont Dr. Georg Verbücheln, Zweiter Vorsitzender der Stöckmann-Stiftung. Das Forschungsvorhaben besitzt Modellcharakter für viele Regionen Mitteleuropas. Durch die Publikation der Ergebnisse sollen praxisorientierte Wissenschaftler und Landschaftsplaner von der regionalen bis zur internationalen Ebene erreicht werden, die die Erkenntnisse des Projekts nutzen.

Weitere Informationen für die Redaktionen:
apl. Prof. Dr. Thomas Fartmann, Universität Osnabrück
Abteilung für Biodiversität und Landschaftsökologie
Barbarastraße 11, 49076 Osnabrück
Tel.: +49 541 969 3551
t.fartmann@uos.de