Untertananprozesse (beim Reichskammergericht)

Das Reichskammergericht wurde 1495 durch Kaiser Maximilian I. gegründet und war bis zu seiner Auflösung im Jahre 1806 das höchste Gericht des Heiligen Römischen Reichs. Es hatte seinen Sitz zuletzt in Wetzlar und war u.a. für die Beilegung von Streitigkeiten zwischen den verschiedenen Territorien des Reiches zuständig. Ein wesentlicher Teil seiner Tätigkeit waren Untertanenprozesse. Diese befassten sich mit Rechtsstreitigkeiten zwischen den Untertanen und ihren Landesherren.

Der Untertanenprozess ermöglichte es den Untertanen, sich gegen Eingriffe sowie „Ungerechtigkeiten“ ihrer Landesherren zu erwehren. Dem Untertanenprozess vor dem Reichskammergericht ging in der Regel zunächst ein Prozess auf lokaler Ebene voraus. So wurden die Klagen zunächst vor den territorialen Gerichten eingereicht und begründet.

Waren die Untertanen mit dem Urteil unzufrieden, konnten sie Berufung beim Reichskammergericht einlegen. Es entstand somit schon frühzeitig ein Rechtsweg. Das Reichskammergericht prüfte die Berufungen und entschied auf Grundlage des geltenden Rechts und der vorliegenden Beweise. Die Entscheidungen des Reichskammergerichts waren endgültig und verbindlich.

Mit dem Reichskammergericht bestand ein unabhängiges Gericht, das insbesondere durch den Untertanenprozess einen Rechtsweg gegen Handlungen der Obrigkeit eröffnete.

Take-away

  • Durch den Untertanenprozess kam es zur Stärkung der Rechtsstellung von Untertanen im Heiligen Römischen Reich.
  • Er ermöglichte den Untertanen den Zugang zu einem unabhängigen Gericht, das nicht von den Landesherren beeinflusst war.
  • Dies förderte die Idee der Gewaltenteilung und trug dazu bei, Willkürakte der Landesherren einzuschränken.

Quellen

  • Rita Sailer: Untertanenprozesse, in: zeitenblicke 3 (2004), Nr. 3
  • URL:  https://www.zeitenblicke.de/2004/03/sailer/ (Abrufdatum: 04.12.2023).
  • Karl-Peter Sommermann, Bert Schaffarzik, in: Handbuch der Geschichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Deutschland und Europa, Berlin 2019, S. 16-19.

Verfasser

German Kaplan